Alles nachhaltig, oder was? Wie Unternehmen von CSR profitieren

Immer mehr Unternehmen setzen Nachhaltigkeit weit oben auf ihre Agenda. Kein Wunder: Denn das Thema ist spätestens seit „Fridays for Future“ omnipräsent in der öffentlichen Wahrnehmung. Unternehmen, die das Thema mit Nachdruck verfolgen, profitieren unter anderem von finanziellen Einsparungen durch Ressourceneffizienz und einer erhöhten Attraktivität als Arbeitgeber:in. Expertin Laura Marie Edinger-Schons gibt Tipps, worauf Unternehmen Wert legen sollten, wenn sie nachhaltiger werden wollen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Wie Studien zeigen, hat Nachhaltigkeit in deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen.
  • Unternehmen profitieren von einer nachhaltigen Ausrichtung: Neben finanziellen Einsparungen durch Ressourceneffizienz verbessern sich auch die Beziehungen zu Kund:innen, Mitarbeitenden und weiteren Stakeholder:innen.
  • Zudem steigt die Attraktivität des Unternehmens, da Arbeitnehmer:innen generationenübergreifend bei der Auswahl des Arbeitsplatzes immer stärker darauf achten, wie nachhaltig ein Betrieb aufgestellt ist.
  • Laura Marie Edinger-Schons, Professorin für Nachhaltiges Wirtschaften an der Universität Hamburg, gibt vier Tipps, wie Unternehmen nachhaltiger werden können.
  • Eine nachhaltige Unternehmensstrategie, die Einbeziehung aller Ebenen eines Unternehmens, eine digitale Emissionsbilanzierung sowie Wellbeing am Arbeitsplatz sind laut der Nachhaltigkeitsexpertin entscheidende Faktoren.
Gut gelauntes Team hat ein Meeting in hellem begrünten Büroraum
Corporate Social Responsibility, also die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens, wird auf dem Arbeitsmarkt ein immer wichtigerer Faktor. iStock/ Drazen_

Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeit – egal, wohin man blickt: Neben der Digitalisierung ist Nachhaltigkeit aktuell das Schlüsselthema in der Arbeitswelt. Unternehmen tun daher gut daran, dem Thema als fundamentaler Bestandteil ihrer Corporate Social Responsibility (CSR) oberste Priorität einzuräumen. Denn Kund:innen, Stakeholder:innen und – nicht zuletzt – die eigenen Mitarbeitenden setzen Nachhaltigkeitsbemühungen heutzutage fast schon selbstverständlich voraus. Hinzu kommt: Für die Gewinnung neuer Arbeitskräfte – insbesondere aus der anspruchsvollen Generation Z – wird es immer mehr zum Wettbewerbsvorteil, wenn Nachhaltigkeit ein zentrales Unternehmensziel ist. Einer Studie zufolge will etwa die Hälfte aller Beschäftigten bei einem Jobwechsel bewusst nach einem grünen Unternehmen suchen.

Doch was versteht man überhaupt unter Corporate Social Responsibility? Wie nachhaltig sind deutsche Unternehmen bereits und wie profitieren sie von ihren Bemühungen? Und: Wie wird man als Betrieb nachhaltiger? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was versteht man unter Corporate Social Responsibility?

Corporate Social Responsibility, kurz CSR, meint die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens. Die gesellschaftliche Verantwortung umfasst soziale, ökologische und ökonomische Aspekte, die in internationalen Vereinbarungen näher definiert sind (z. B.: ILO-Grundsatzerklärung über Unternehmen und Sozialpolitik, OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, UN Global Compact oder ISO 26000). Konkret geht es bei CSR zum Beispiel um:

  • faire Betriebs- und Geschäftspraktiken (z.B. Anti-Korruptionsmaßnahmen, verantwortungsvolles Marketing und politische Mitwirkung, Whistleblower-Mechanismen, gesellschaftliche Verantwortung in der Wertschöpfungskette fördern)
  • eine an Mitarbeitenden orientierte Personalpolitik (z. B. angemessene Arbeitszeiten und Vergütung, Teilzeitangebote, Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf)
  • den sparsamen Einsatz von natürlichen Ressourcen (z. B. Reduzierung des Wasserverbrauchs, weniger Drucken, kein unnötiges Heizen in Büroräumen)
  • den Schutz von Klima und Umwelt (z. B. auf Ökostrom setzen, Flugreisen reduzieren, CO2-Emissionen kompensieren)
  • Verantwortung auch in der Lieferkette (z. B. Achtung von Menschenrechts- und Umweltstandards bei Rohstoffproduzenten)
CSR umfasst ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Aspekte.

Für bestimmte Unternehmen gelten zudem Berichtspflichten. So sieht etwa das „CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz“ vor, dass große börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigen in ihren Lageberichten auf wesentliche nichtfinanzielle Aspekte der Unternehmenstätigkeit eingehen. Heißt konkret: Sie müssen transparent darlegen, welche Nachhaltigkeitsbemühungen sie etwa in Bezug auf Umwelt- oder Sozialbelange verfolgen.

Wie steht es um die Nachhaltigkeit in deutschen Unternehmen?

Generell lässt sich sagen, dass Nachhaltigkeit in deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung hinzugewonnen hat. Dies zeigt zum Beispiel der Sustainability Transformation Monitor 2023 der Bertelsmann-Stiftung: Ihm zufolge ist das Thema „Nachhaltigkeit“ bei mehr als der Hälfte der Unternehmen mittlerweile beim Vorstand oder der Geschäftsführung angesiedelt.

Für die Mehrheit der Beschäftigten ist das Thema Nachhaltigkeit in ihrer Organisation im letzten Jahr wichtiger, oder sogar viel wichtiger geworden. Bild- und Informationsquelle: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Sustainability Transformation Monitor 2023.

Auch wenn das Thema „Nachhaltigkeit“ immer bedeutender wird, zeigen andere Untersuchungen, wie wenig systematisch viele Unternehmen damit umgehen. Nur jeder vierte Betrieb hat der Studie Unternehmen im Wandel zufolge eine Nachhaltigkeitsstrategie.

Trotz zunehmender Wichtigkeit: Erst jedes vierte Unternehmen verfolgt zielstrebig eine grüne Strategie. Bild- und Informationsquelle: Staufen AG, Unternehmen im Wandel - Deutscher Change Readiness Index 2022.

Oft fehlt es auch noch an konkreten Klimazielen, wie die Studie der Bertelsmann-Stiftung zudem offenbart. Der Sustainability Transformation Monitor liefert darüber hinaus Erkenntnisse zu den Treibern der Nachhaltigkeitsbemühungen: Die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit geht demnach allen voran von der jungen Generation aus, gefolgt von der Geschäftsführung und den Medien.

Wie Unternehmen von mehr Nachhaltigkeit profitieren

Viele Studien weisen darauf hin, dass Unternehmen von einer nachhaltigen Ausrichtung – und vor allem konkreten Umsetzung – profitieren. Als Vorteile sind vor allem finanzielle Einsparungen durch Ressourceneffizienz sowie die Verbesserung von Beziehungen zu Kund:innen, Mitarbeitenden und weiteren Stakeholder:innen zu nennen. Auch die Attraktivität des Unternehmens steigt, da Arbeitnehmer:innen generationenübergreifend bei der Auswahl des Arbeitsplatzes immer stärker darauf achten, wie nachhaltig ein Betrieb aufgestellt ist.

Diese Entwicklung bestätigt auch Laura Marie Edinger-Schons, Professorin für Nachhaltiges Wirtschaften an der Universität Hamburg. „Unternehmen mit einem großen CO2-Fußabdruck kämpfen jetzt bereits mit zurückgehenden Bewerber:innenzahlen. Das hängt auch damit zusammen, dass sich Absolvent:innen, die sehr gute Abschlussnoten haben, heutzutage aussuchen können, wo sie arbeiten wollen. Und diese gehen dann lieber zu Unternehmen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen.“

©Mina Esfandiari

Eine aktuelle Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zeigt zudem, dass sich Nachhaltigkeit auch bei den klassischen wirtschaftlichen Kennzahlen positiv auswirkt: Nachhaltig agierende Unternehmen der Konsum- und Handelsbranche steigern demnach ihre EBIT-Marge (EBIT steht für „Earnings Before Interest and Taxes“; damit ist das operative Ergebnis eines Unternehmens vor Steuern und Zinsen gemeint). Sie ist im Durchschnitt 6 Prozentpunkte höher als bei den weniger nachhaltig operierenden Wettbewerbern.


So können Unternehmen nachhaltiger werden: Vier Tipps von Laura Marie Edinger-Schons

👉 Nachhaltigkeit integriert denken: „Ein bisschen Nachhaltigkeit reicht nicht: Es geht darum, dass Unternehmen eine nachhaltige Unternehmensstrategie entwickeln. Für die meisten Unternehmen heißt das, wirklich mutig sein zu müssen, sich von bestimmten Produkten zu verabschieden und vielleicht auch das Geschäftsmodell fundamental neu zu denken.“

👉 Alle Ebenen im Unternehmen einbeziehen: „Das Top-Management muss das Thema richtig pushen, mutige Entscheidungen treffen und dann auch Ressourcen freigeben. Bei den normalen Mitarbeitenden geht es darum, sie zu befähigen und zu ermutigen, den Kulturwandel mitzumachen. Was man schnell vergisst, ist das mittlere Management: Das steht oft noch unter dem Druck der – überwiegend finanziell ausgerichteten – Ziele der Vergangenheit, muss gleichzeitig von oben den Higher Purpose umsetzen und von unten dem Wunsch der Mitarbeitenden nach mehr Nachhaltigkeit gerecht werden.“

👉 Evidenzbasierte Strategie entwickeln: „Bevor man überhaupt Maßnahmen plant, bedarf es Evidenz, welche Maßnahmen effektiv sind. Die Emissionsbilanzierung in Unternehmen ist oft mangelhaft. Häufig ist es so, dass die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit eng zusammenhängen – gerade beim Thema Ressourcen. Man benötigt daher digitale Prozesse, um wirklich zu wissen, wie nachhaltig man als Unternehmen ist. Erst, wenn man genau weiß, was man emittiert hat, kann man beurteilen, welche Maßnahmen sinnvoll sind. Dann lässt sich eine evidenzbasierte Strategie entwickeln und abbilden, welche Maßnahmen für den CO2-Abdruck wesentlich sind, was sie konkret in CO2-Äquivalenten bringen und wie viel sie kosten.“

👉 Gesundheit mitdenken: „Wellbeing wird immer wichtiger: Dahinter steht die Idee, das Wohlbefinden der Menschen in der eigenen Organisation zu steigern, und die Menschen wieder stärker in das Zentrum des Wirtschaftens zu stellen. Durch diese Logik bekommt die Gesundheit der Mitarbeitenden automisch einen höheren Stellenwert. Das Wohl der Mitarbeitenden sollte künftig vor dem Wohl der Shareholder stehen. Wir sollten Systeme schaffen, die für Menschen Sinn stiften und die dazu führen, dass es uns als Gesellschaft besser geht.


Fazit

Nachhaltigkeit ist im Jahr 2023 ein Thema, an dem kein Unternehmen mehr vorbeikommt. Dabei ist es wichtig, dass Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, die fest in der Unternehmensphilosophie verankert ist. Letztendlich profitieren Betriebe davon in vielerlei Hinsicht, denn Nachhaltigkeit wird zunehmend zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor, fördert das Unternehmensimage und lockt neue Mitarbeitende an. Nicht umsonst ist auch „Gesundheit und Wohlergehen“ eines der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Für Betriebe bedeutet dies zudem auch, dass sie die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden durch gezielte Präventionsangebote im Bereich der körperlichen und mentalen Gesundheit nachhaltig stärken sollten.


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Stand des Artikels: 03.04.2023
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion
Die Autorin

Yvonne Müller

MEDISinn-Redaktion

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