Auf gute Zusammenarbeit im Homeoffice

Wer längere Zeit im Homeoffice arbeitet, merkt häufig, dass die Kommunikation mit Kolleg:innen und Vorgesetzten nicht funktioniert wie gewohnt. Mails und Zoomkonferenzen helfen zwar bei der Arbeit, können aber die informellen Gespräche im Büro nicht ersetzen. Doch es gibt Wege, um die Kommunikation zu verbessern. Das steigert nicht nur die Qualität der Arbeit, sondern hilft auch gegen das Gefühl der Isolation.

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Arbeitnehmer:innen fühlen sich im Homeoffice isoliert. Oft leiden die Kommunikation und das Zwischenmenschliche.
  • Je länger reine Homeoffice-Phasen andauern, desto stärker ist das Gefühl der Einsamkeit.
  • Flurfunk, aufmunternde Worte, Informationen zwischen Tür und Angel sowie gesellige Momente fehlen.
  • Gerade im Homeoffice kommt es darauf an, sowohl die informelle Kommunikation als auch den Informationsfluss zu verbessern.
  • Dabei helfen, wenn möglich, regelmäßige Präsenzphasen im Unternehmen sowie technische Tools wie Apps für die schnelle Kommunikation untereinander.
  • Virtuelle After-Work-Partys oder gemeinsame virtuelle Kaffeepausen können Gefühlen von Einsamkeit und Frust entgegenwirken.
Wer längere Zeit von zuhause arbeitet, sollte den zwischenmenschlichen Kontakt zu den Kolleg:innen wahren. Ein optimaler Kommunikationsmix bringt mehr Austausch und erhöht zusätzlich die Freude an der Arbeit. Bildquelle: iStock/VioletaStoimenova

Technisch läuft die Sache mit dem Homeoffice bei den meisten ganz gut – nach fast zwei Jahren Pandemie. Ob Zoom-Konferenz oder Teams-Sitzung, Onlinekongress oder Distanzunterricht: Der Kontakt zu Kunden funktioniert, Projekte werden fertig und Fortbildungen geschafft. Während vor der Pandemie nur etwa ein Viertel der Betriebe in Deutschland überhaupt mobiles Arbeiten praktizierte und nur rund ein Zehntel der Beschäftigten zeitweise im Homeoffice war, steigen die Zahlen seit 2020 enorm an. Heute arbeiten laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage schon 40 Prozent der Beschäftigten in Deutschland ganz oder teilweise im Homeoffice. Telefon- und Webkonferenzen ersetzen vor allem jetzt in der kalten Jahreszeit und angesichts sprunghaft ansteigender Corona-Zahlen die persönliche Anwesenheit wieder zunehmend. Vor allem hochqualifizierte Erwerbstätige in Branchen wie Unterricht, Wissenschaft und Forschung, IT und Kommunikation haben ihren Tätigkeitsschwerpunkt komplett ins Homeoffice verlegt, zeigen aktuelle Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Homeoffice kommt bei der Mehrheit grundsätzlich gut an

Die Möglichkeit zum Homeoffice beurteilen die meisten Menschen auch positiv: Über 70 Prozent der Deutschen befürworten den gesetzlichen Anspruch auf das Arbeiten zuhause. Laut einem aktuellen Forschungsbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bewerten sowohl Vorgesetzte als auch Beschäftigte die Arbeit im Homeoffice überwiegend positiv, 87 Prozent waren mit der Arbeit zufrieden bis sehr zufrieden. „Zwei Tage Homeoffice pro Woche machen produktiver und werden gleichzeitig als angenehm empfunden“, bestätigt auch Martin Zeschke. Er arbeitet als Arbeits- und Organisationspsychologe an der Universität Leipzig und forscht zum Thema Homeoffice. „Arbeiten Berufstätige allerdings über mehrere Monate die ganze Woche von zuhause, können die Stimmung und das Miteinander im Team leiden.“

Die Statistik zeigt insbesondere, dass die Beschäftigten, die zur Corona-Zeit ins Homeoffice zogen, den Verlust der sozialen Kontakte zu Kolleg:innen signifikant stärker wahrnehmen als diejenigen, die bereits vor der Pandemie von zu Hause aus arbeiteten. Bild- und Informationsquelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Forschungsbericht 549

Remote leidet die Kommunikation

Plötzlich merkt man, wie viel an informeller Kommunikation im Büro stattfand - und wie wichtig sie ist: ein kurzer Plausch an der Kaffeemaschine, ein paar aufmunternde Worte am Kopierer, ein kurzes Lob vom Chef im Vorbeigehen. So manches Problem wurde rasch im direkten Austausch gelöst, Inspiration im Gespräch auf dem Gang gefunden, Informationen oft rasch zwischen Tür und Angel ausgetauscht. Und dann war da noch der Flurfunk … all das ist im Homeoffice nicht möglich. Wie sehr uns die informelle Kommunikation abseits von Meetings und offiziellen Besprechungen oft auf die Sprünge hilft, merken wir erst, wenn sie fehlt.

Emotionale Kommunikation fehlt – Videokonferenzen sind kein Ersatz

Wochen- oder sogar monatelanges Arbeiten zuhause birgt zudem die Gefahr, dass sich Mitarbeitende sozial ausgegrenzt und isoliert fühlen. Denn neben Informationen tauschen wir im direkten Miteinander mit Kolleg:innen und Vorgesetzten auch Emotionen aus. In virtuellen Meetings bleiben diese oft auf der Strecke. Nicht zuletzt sind viele inzwischen genervt von den ständigen Remote-Veranstaltungen. Der Begriff „Zoom-Müdigkeit“ macht die Runde: Laut einer Studie der Universität Konstanz empfinden 46 Prozent der Befragten Videokonferenzen als mühsam. Warum das? Sich stundenlang selbst zu sehen, empfinden viele als anstrengend. Ebenso klappt es einfach nicht so gut, die Mimik der anderen in kleinen virtuellen Bildern so gut zu deuten wie im direkten Austausch vor Ort. Das Bedürfnis danach ist nur natürlich, schließlich findet etwa 55 Prozent aller Kommunikation nonverbal statt, 38 Prozent machen Tonfall, Stimmlage und Lautstärke aus und nur 7 Prozent entfallen auf den Inhalt der Worte. Gerade deshalb sollte man sich stets bewusst machen, dass eine Überinterpretation der Mimik und Gestik in Videokonferenzen belastend wirkt und Missverständnisse eher steigert, als diese auszuräumen. „Die Arbeit zuhause bringt neben vielen Vorteilen eben auch Nachteile“, fasst Martin Zeschke zusammen. „Studien zeigen, dass Menschen, die mehr als zwei Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten, weniger zufrieden und produktiv sind.“

Soziale Kontakte im Homeoffice fördern

Unternehmen entwickeln daher Lösungswege, um Gelegenheiten des sozialen Austauschs zu ersetzen oder zumindest zu simulieren. Dazu gehört etwa ein „virtueller Kaffeeklatsch“, der Raum für den Austausch von persönlichen Neuigkeiten schafft. In täglichen informellen Meetings können sich alle Teilnehmer gleichzeitig sehen und miteinander ins Gespräch kommen. Als zusätzlichen Unterhaltungsfaktor kann man für jeden Tag eine Challenge ausrufen, beispielsweise indem jeder ein Urlaubsfoto als Hintergrundbild mitbringen und eine persönliche Geschichte dazu erzählen kann. Das schafft Nähe, verbessert das Gemeinschaftsgefühl und ermöglicht, die Menschen hinter dem Bildschirm besser wahrzunehmen. Auch gemeinsame Sport- und Achtsamkeitsübungen können virtuell stattfinden. Solche Initiativen helfen, die fehlende Präsenz der Beschäftigten im Unternehmen zumindest teilweise auszugleichen, ist Zeschke überzeugt.

Im Homeoffice ist es dringend nötig, sozialen Kontakt mit den Kolleg:innen zu pflegen und sich auch privat auszutauschen. Das kann in Form einer gemeinsamen remote Mittagspause oder auch eines kurzen morgendlichen Standups eingeplant werden. Damit mentale Risikofaktoren wie das Gefühl von Einsamkeit und Isolierung unterbunden werden können. Bildquelle: iStock/VioletaStoimenova

Regelmäßige Feedbackgespräche sind im Homeoffice noch wichtiger

„Das Homeoffice verlangt viel stärker als die Präsenz auch Feedbackgespräche“, erklärt der Arbeits- und Organisationspsychologe. „Diese sollten regelmäßig und zu festen Zeiten geführt werden.“ Am besten als Einzelgespräch per Telefon oder Video statt in E-Mails oder bei virtuellen Gruppenevents. Flache Hierarchien, verbindliche Ansprechpartner für alle(s), audiovisuelle und für alle zugängliche Kommunikationstools fördern die Leistungseffektivität. Je nach Anforderung sollten dafür unterschiedliche Kommunikationskanäle gewählt werden. Kurz: Die Kontaktpflege sollte auf der Tagesagenda stehen.

Eigeninitiative ist gefragt

Nicht alles muss von „oben“ kommen. Mitarbeitende können auch selbst zur Verbesserung der Situation beitragen. „Teams können einen virtuellen Büroflur oder eine virtuelle After-Work-Party einrichten, um sich per Videokonferenz informell zu unterhalten“, rät Zeschke. „Wir haben die Möglichkeit, uns virtuell zum Mittagessen, dem Random Lunch, zu verabreden und dabei zu plauschen. Das fördert das Gemeinschaftsgefühl.“ Viele Arten von Kollaborations- und Chattools und Apps wie etwa Slack oder Mattermost helfen dabei. „Arbeitgeber sollten ihren Beschäftigten solche Chat-Software zur Verfügung stellen“, ermutigt Zeschke.

Erfolgsmodell „hybrides Arbeiten“ verbindet Homeoffice und Präsenz

Viele Menschen wünschen sich nach dem Ende der Pandemie ein flexibleres Arbeiten, nicht alle wollen zur Dauerpräsenz im Büro zurück. Das Modell „hybrides Arbeiten“ könnte nach Meinung von Experten wie Zeschke eine optimale Lösung sein: „Hybride Arbeitszeitmodelle ermöglichen etwa, dass Aufgaben, die viel Konzentration erfordern, zu Hause erledigt werden, während Aufgaben, die Austausch mit anderen erfordern, im Büro absolviert werden“, schlägt er vor. Er sieht wie viele seiner Kolleg:innen eine Chance darin, die Vorteile beider Modelle zu verbinden. „Sozialer Austausch trägt dazu bei, dass sich Beschäftigte stärker mit ihrem Team und ihrer Organisation identifizieren, was positive Effekte auf Leistung und Wohlbefinden hat. Und das konzentrierte Arbeiten zuhause kann die Effektivität bei komplexen Aufgaben steigern“, betont der Forscher.

Solange ein Ende der Pandemie aber nicht in Sicht ist, wird ein hybrides Arbeiten bei der Mehrzahl der Menschen die 5-Tage-Woche im Homeoffice noch nicht ablösen. Es lohnt sich also, spätestens in diesem Winter neue Kommunikationswege im Unternehmen zu etablieren. Damit das Homeoffice nicht nur technisch gut funktioniert, sondern auch Zufriedenheit, Vertrauen und Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden gesichert sind.


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Stand des Artikels: 16.12.2021
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion

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