Sport bei 30 Grad: Wie kann das gesund sein?
Das Wichtigste in Kürze
- Extreme Hitze beansprucht den Organismus des Menschen in besonderer Weise und kann zu Müdigkeit, Schwindel und Problemen des Herz-Kreislaufsystems führen.
- Dennoch muss auch im Hochsommer nicht auf Sport verzichtet werden, meint die Fitnesstrainerin Silke Kayadelen.
- Sie rät: Möglichst morgens oder abends trainieren, viel trinken und atmungsaktive Kleidung tragen.
- Im Team macht Bewegung noch mehr Spaß, deshalb sollte man sich öfter mit Arbeitskolleg:innen zu gemeinsamen Aktivitäten verabreden.
- Stand-up-Paddling, Mindful Running oder Outdoor-Yoga – wir stellen die perfekten Sommersportarten vor.
Die Luft steht im Büro, der Ventilator schafft nur wenig Abhilfe und draußen zeigt das Thermometer 35 Grad an. Im Sommer können hohe Temperaturen zur echten Belastung für Arbeitnehmer:innen werden. Oft fühlt man sich müde, ausgelaugt und abgeschlagen. Und dann auch noch zum Sport? Das klingt erst einmal wenig einladend. Doch für viele Menschen ist Bewegung ein wichtiger Teil des Alltags, sei es aus gesundheitlichen Gründen, oder weil sie damit den idealen Ausgleich zum Job schaffen können. Und auch im Sommer kann regelmäßige Bewegung dazu beitragen, dass man sich besser und ausgeglichener fühlt. Die Fitness- und Ernährungscoachin Silke Kayadelen, ehemaliges Mitglied der deutschen Taekwondo-Nationalmannschaft, gibt im Interview Tipps, wie uns Sport im Sommer guttun kann.
Interview mit Fitnesscoachin Silke Kayadelen
Liebe Frau Kayadelen, gibt es eine Temperaturgrenze, ab der Bewegung nicht mehr empfehlenswert ist?
Eine generelle Temperaturgrenze für eine Sporteinheit bei Sommerhitze gibt es nicht. Jeder Körper reagiert anders auf solche Belastungen. Hier spielt die individuelle Erfahrung eine große Rolle. Neigt man allerdings schon im Ruhezustand zu Schweißausbrüchen, würde ich von einem harten Training abraten.
Kann man den Körper bei Hitze durch Bewegung entlasten?
Ja, und zwar in dreifacher Hinsicht. Bewegung kurbelt die Schweißproduktion an und führt zu erhöhtem Schwitzen, was den Körper bei Verdunstung kühlt. Durch Bewegung lassen sich auch Hitzewallungen vermeiden, denn dadurch wird verhindert, dass man längere Zeit an einem Ort verweilt und sich dadurch Hitze ansammelt. Schließlich fördert Bewegung die Durchblutung, was ermöglicht, dass die Wärme besser vom Körperkern zu den äußeren Schichten transportiert wird. Dies führt zu einem besseren Wärmeaustausch.
Was sind die wichtigsten Verhaltensregeln für Bewegung im Hochsommer?
Bewegung kann den Körper bei hohen Temperaturen entlasten – vorausgesetzt, man beachtet einige Faktoren. Meine wichtigsten Tipps wären: Möglichst vermeiden, während der heißesten Zeit des Tages zu trainieren – besser morgens oder abends, wenn es kühler ist. Wichtig ist außerdem, viel Wasser oder andere Flüssigkeiten zu trinken, um gut hydriert zu bleiben. Und: Leichte und atmungsaktive Kleidung tragen und die direkte Sonne meiden.
Gibt es Sportarten, die bei hohen Temperaturen empfehlenswert sind und welche Sportarten belasten den Kreislauf besonders stark?
Es gibt keine spezifischen Sportarten, die bei hohen Temperaturen empfehlenswert sind. Es ist jedoch wichtig, dass man die körperlichen Aktivitäten der Hitze bzw. den Temperaturen anpasst. Einige Sportarten können den Kreislauf besonders stark belasten. Dazu gehören z.B. Marathonlaufen oder Radfahren bei hohen Temperaturen.
Wäre es besser, sich in klimatisierten Räumen zu bewegen als draußen in der Natur?
Hier gibt es keine allgemeingültige Antwort – das hängt von vielen Faktoren wie der körperlichen Verfassung oder dem Trainingsziel ab. Auch gibt es unterschiedliche Vorlieben. Einige trainieren lieber in klimatisierten Räumen, während andere lieber draußen in der Natur trainieren.
Wie merkt man, dass man sich überanstrengt hat?
Einige körperliche Warnsignale, die darauf hinweisen können, dass man sich überanstrengt hat, sind z. B. Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Wenn man sich nach dem Sport im Sommer unwohl fühlt und eine Hitzeerschöpfung verspürt, sollten man sich ausruhen und viel Wasser trinken. Wenn möglich, sollte man sich an einen kühlen Ort begeben und die Kleidung lockern oder ausziehen. Sind die Symptome schwerwiegender oder halten sie länger an, sollte man eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.
Viele lechzen nach dem Sport im Sommer nach einer Abkühlung: Ist der Sprung ins kühle Nass empfehlenswert oder sollte man lieber die lauwarme Dusche bevorzugen?
Der Sprung ins kühle Nass kann eine schnelle und effektive Möglichkeit sein, um sich nach dem Sport im Sommer abzukühlen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass kaltes Wasser den Körper unter Umständen zu sehr abkühlen kann. Eine lauwarme Dusche kann eine schonendere Alternative sein.
Welche Getränke sollte man nach dem Sport zu sich nehmen und welche Temperatur sollten diese haben?
Nach dem Sport sollte man genügend Wasser trinken. Es ist auch empfehlenswert, Getränke mit Elektrolyten, wie etwa Fruchtsäfte mit Mineralwasser, Kokoswasser, oder mit Natrium oder Kalium angereichertes Wasser, zu sich zu nehmen. Die Getränke sollten kühl sein, aber nicht eiskalt.
Trinken bei Hitze – Tipps für die Arbeit
- Eine Trinkflasche, z.B. 1L, mit zur Arbeit bringen und das Auffüllen für eine Bewegungspause nutzen.
- Ein Trinkwecker kann dabei helfen, die regelmäßige Flüssigkeitszufuhr nicht zu vergessen, den gibt es auch als App in verschiedenen Ausführungen, z.B. hier.
- Trinkrituale einführen: Zum Beispiel am Morgen direkt nach dem Aufstehen oder nach jedem Meeting ein Glas Wasser trinken.
- Wasserhaltige Lebensmittel wie Gurken, Tomaten oder Wassermelonen verzehren. Denn bis zu 30 Prozent des täglichen Flüssigkeitsbedarfes werden über die Nahrung gedeckt – und erfrischend lecker sind diese Snacks im Sommer auch noch!
- Auf einen alkoholfreien Feierabend-Drink verabreden: Wer Alkohol konsumiert, belastet seinen Kreislauf bei hohen Temperaturen noch zusätzlich. Deshalb am Abend im Kreise der Kolleg:innen lieber einen Mocktail genießen.
Was können Unternehmen tun, um ihre Mitarbeitenden auch im Sommer für Sport zu motivieren?
Unternehmen können gesunde Formen der Bewegung im Sommer fördern, indem sie z. B. Fitnesskurse anbieten oder kostenloses Training in Fitnessstudios ermöglichen. Angebote wie etwa Yoga, Pilates, Rückenschule, aber auch Boxen, gemeinsame Spaziergänge oder eine Firmenlaufgruppe können die gesamte Belegschaft ansprechen und für Motivation sorgen. Diese gemeinsamen Aktivitäten stärken auch den Zusammenhalt im Team.
Frau Kayadelen, vielen Dank für das Gespräch.
Sport bei Hitze – 9 Tipps zum Merken
- Sport in die frühen Morgen- oder späten Abendstunden verlegen und schattige Orte zum Trainieren aufsuchen.
- Vor, während und nach dem Sport ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Vorzugsweise Wasser, Saftschorlen oder ungesüßte Tees – Alkohol meiden.
- Bevorzugt leicht Verdauliches – mit möglichst hohem Wasser- und Mineralstoffgehalt wie Obst, Gemüse oder mageres Fleisch und Fisch – essen.
- Kopfbedeckung und Sonnenbrille tragen, um einen Sonnenstich zu vermeiden.
- Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor großzügig auftragen, UV-Lippenstift nicht vergessen!
- Atmungsaktive und luftige Kleidung tragen, die den Schweiß gut ableitet und schnell trocknet.
- Nicht übertreiben: Bei hohen Temperaturen tut es auch die kleine Joggingrunde. Das Herz-Kreislauf-System ist bereits genug herausgefordert.
- Warnsignale des Körpers wie Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit sollten Sie ernst nehmen – sie sind Warnzeichen für übermäßige Belastung.
- Kurz ausruhen nach dem Training und dann erst unter die Dusche, lauwarmes Waser ist empfehlenswert.
Sechs perfekte Sommersportarten
Wie wir im Interview erfahren haben, kann man prinzipiell alle Formen der Bewegung auch im Sommer ausführen, wenn man sich gut gegen die Sonne und hohe Temperaturen wappnet. Hier stellen wir sechs Sportarten vor, die im Sommer besonders Spaß machen, den Teamgedanken stärken und den perfekten Ausgleich zur Arbeit bieten.
- Stand-up-Paddling: Stehpaddeln ist schon lange nicht mehr nur ein Trend. Das Tolle daran: Jede und jeder kann diese sanfte Form der Bewegung ausprobieren, dafür braucht es keine besonderen Vorkenntnisse, nur etwas Gleichgewichtssinn. In manchen Großstädten wie Berlin gibt es auch geführte City-Tours für Einsteiger:innen, dabei erfährt man nebenbei noch interessante Fakten über seinen Wohnort. Auch als Teamevent prima geeignet!
- Unterwasserhockey: Ja, richtig gelesen. Gespielt wird mit griffigen Schlägern sowie einem Puck aus Gummi. Die wichtigste Regel: der Sport läuft absolut körperlos ab. Wer neugierig geworden ist, findet weitere Infos zum Beispiel beim Verband Deutscher Sporttaucher.
- Wandern: Warum nicht mit den Kolleg:innen für ein gemeinsames Hiking-Abenteuer verabreden? Bei gezielter Tourenwahl kann der Ausflug in die Berge nämlich zur Erfrischung werden. Empfehlenswert sind im Hochsommer vor allem nordseitige Touren, bei denen man lange Zeit im Schatten geht. Oft finden sich neben den Wanderwegen auch Gumpen, also kleine Becken mit kühlem Wasser. Sie bieten nach der Wanderung die perfekte Erfrischung.
- Slacklinen: Mittlerweile sieht man die gespannten Kunstfaserbänder fast in jedem Park. Beim Slacken balanciert man auf einem Kunstfaser- oder Gurtband, das zwischen zwei Befestigungspunkten – zum Beispielen Bäumen oder Pfählen – gespannt ist. In jedem Unternehmen gibt es bestimmt einen Mitarbeitenden, der eine Slackline zuhause hat und die Faszination des „Seiltanzens“ seinen Kollegin:nnen näher bringen kann. An einem lauen Sommerabend die perfekte Teambuilding-Maßnahme!
- Mindful Running: Laufen geht immer, auch im Sommer. Doch wie wäre es mit Mindful Running? Bei dieser Variante wird der Laufsport mit Achtsamkeitsübungen verknüpft. Mindful Running eignet sich hervorragend, um Stress abzubauen oder negative Gefühle loszuwerden. Das Training für Körper und Geist lässt sich auch in der Gruppe ausprobieren und wird zum Beispiel als Workshop angeboten.
- Outdoor-Yoga: Yoga ist bekanntlich ein sehr guter Ausgleich zum stressigen Arbeitsalltag. Im Sommer lässt es sich – zum Beispiel vor der Arbeit, wenn es noch kühl ist – sehr gut an frischer Luft entschleunigen. Ob auf den Dächern der Stadt, im Park oder mit Blick aufs Wasser – Outdoor-Yoga kennt keine Grenzen. Viele Kurse finden im Sommer draußen statt, auch bereits in den frühen Morgenstunden. Übrigens auch auf dem Wasser: SUP-Yoga (Stand-up-Paddling-Yoga) erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Der große Vorteil daran: Wer nicht während der Yoga-Übungen ins Wasser fällt, kann dies im Anschluss nachholen und sich so abkühlen.
Fazit
30 Grad und Sonne pur – sollte man da die Laufschuhe besser im Schrank lassen? Nein, Bewegung ist auch im Sommer ratsam. Sie fördert das körperliche wie mentale Wohlbefinden von Mitarbeitenden und trägt dazu bei, den Arbeitsalltag konzentrierter zu bestreiten. Allerdings gilt es bei hohen Temperaturen, Vorsicht walten zu lassen – schließlich ist das Herz-Kreislaufsystem dann besonders herausgefordert. Neben der richtigen Tageszeit und geeigneter Sportkleidung kommt es vor allem darauf an, genügend zu trinken. Im Zweifel gilt: Das Bewegungspensum lieber etwas herunterfahren. Wer noch Motivation braucht, sollte sich mit den Kolleg:innen zu gemeinsamen Aktivitäten verabreden, denn in der Gemeinschaft macht Bewegung oft noch mehr Spaß – und fördert nebenbei den Teamgeist.