Sleep, Eat, Work, Repeat: Gesunde Ernährung in der Schichtarbeit

Schichtarbeit ist eine besondere Belastung, denn der Körper arbeitet dabei gegen seinen natürlichen Rhythmus. Das führt oftmals zu einer ungesunden Ernährungsweise und damit auch zu gesundheitlichen Risiken. Zu wenig, zu viel, zu fettig, zu unregelmäßig… Das muss nicht sein! Sowohl Beschäftigte als auch Unternehmen können viel dafür tun, die Ernährung im Schichtdienst zu verbessern. Das fördert Gesundheit und Wohlbefinden gleichermaßen. Wir zeigen, wie das geht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Schichtdienst hat häufig einen negativen Einfluss auf das Ernährungsverhalten.
  • Zu fettig, zu salzig, zu süß? Besser nicht! Stattdessen viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte.
  • Außerdem wichtig: viel Wasser, wenig Koffein und ein regelmäßiger Mahlzeitenrhythmus.
  • Trotz wechselnder Schichten sollten Mahlzeiten möglichst regelmäßig eingenommen werden.
  • Nach vorne rotierende Schichten, gesunde Betriebskantine und Pausenräume mit Aufwärm- und Bewegungsmöglichkeiten – Arbeitgeber können einiges für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden tun.
Speditionsmitarbeiter beladen nachts einen Lieferwagen mit Kartons
Sich in der Schichtarbeit gesund zu ernähren kann eine Herausforderung sein. Mit Routinen können Sie diese meistern. iStock/ gorodenkoff

Alisa und Bernd arbeiten im Schichtdienst. Sie arbeitet als Concierge in einem Hotel, er ist Krankenpfleger in einer Klinik. Beide wechseln zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht – und sind damit nicht allein. Ob im Gesundheitswesen, in der Fertigung, in der Logistikbranche oder im Sicherheitsdienst: Rund 15 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten im Schichtdienst und somit immer wieder auch dann, wenn andere schlafen. Insbesondere die Nachtschicht und häufig wechselnde Schichten bringen den Körper aus dem natürlichen Takt und können gravierende gesundheitliche Folgen haben. Schichtarbeit begünstigt etwa chronische Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen-Darm-Beschwerden, aber auch Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Depressionen.

Eine maßgebliche Rolle spielen dabei: unregelmäßige Mahlzeiten und ungesunde Lebensmittel. Diese Gefahr kennen auch Alisa und Bernd nur zu gut: Die Kantine ist bereits geschlossen und der Griff in den Snackautomaten umso verlockender – und der vierte Kaffee hält bestimmt wach! Aber bald bemerken beide erste gesundheitliche Probleme: Bernd leidet unter Schlafstörungen, Alisa kämpft immer öfter mit Verdauungsproblemen. Sie beschließen: Es muss sich etwas ändern. Der erste Schritt: Ernährung umstellen. Denn was wir zu uns nehmen, beeinflusst erheblich unsere Stimmung, unsere Leistungsfähigkeit und natürlich unsere Gesundheit. Und: Ja, das gelingt auch in der Schichtarbeit! Wir zeigen, wie es gehen kann und was Sie dazu wissen müssen.

„Gestörte“ innere Uhr: Die Herausforderungen von Schichtarbeit

Körper und Organismus sind normalerweise am Tag aktiv und fahren nachts viele Funktionen herunter: Körpertemperatur und Blutdruck sinken, Puls, Herzschlag und Atmung werden langsamer und die Verdauungs- und Entgiftungsleistung der Organe nehmen ab. Alles stellt sich auf Schlaf ein. Gesteuert wird dieser Rhythmus durch körpereigene Hormone, aber auch durch äußere Reize wie Licht, Temperatur und Lärm. Das macht Schichtarbeit zur Herausforderung: Durch die variierenden Arbeits- und Schlafzeiten laufen viele Körperfunktionen zeitverschoben ab. Diese permanenten Störungen der natürlichen Zeitabläufe bedeuten Stress für den Körper und kommen einer Art Dauer-Jetlag gleich. Das macht sich ganz besonders in der Nachtschicht bemerkbar, gilt aber auch für Früh- und Spätschicht sowie für den Wechsel zwischen mehreren Schichten.


Tipp für Arbeitgeber zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeitenden

Schichten sollten idealerweise nach vorne rotieren – also im Uhrzeigersinn von der Frühschicht zur Spätschicht zur Nachtschicht. Das ist einfacher für den Körper und die innere Uhr. Expert:innen empfehlen zwei Frühschichten, zwei Spätschichten und zwei Nachschichten. Die Ruhepause nach einem solchen Zyklus sollte mindestens 24 Stunden betragen, am besten jedoch vier Tage.


Was viele in jungen Jahren noch gut wegstecken, belastet ältere Schichtarbeitende umso mehr. Dass man sich an Nachtarbeit gewöhnen kann, ist dabei eher ein Trugschluss. Denn auch nach vielen Jahren im Schichtdienst, kann der Körper sich nicht wirklich umstellen. Zum einen wirken weiterhin die äußeren Reize, insbesondere das Tageslicht, auf das Zeitbewusstsein des Körpers ein, zum anderen vollziehen die meisten Menschen an ihren freien Tagen einen erneuten „Schichtwechsel“, um ihre sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten und privaten Verpflichtungen nachzugehen.

Ein Teufelskreis: Schichtarbeit fördert ungesunde Ernährung

Besonders auf unser Essverhalten hat Schichtarbeit oftmals einen negativen Einfluss. Schlafmangel führt etwa dazu, dass der Leptinspiegel sinkt. Das Hormon hemmt das Hungergefühl. Gleichzeitig produziert der Körper bei Müdigkeit mehr Ghrelin, ein Hormon, das den Appetit ankurbelt. Beides zusammen führt dazu, dass Menschen, die zu wenig schlafen, häufig mehr essen, als ihr Körper tatsächlich braucht. Zudem werden Mahlzeiten aufgrund der Schichtarbeit oft zu „ungünstigen“ Zeiten – beispielsweise spät abends, wenn unser Verdauungssystem gerade herunterfährt – eingenommen oder ganz weggelassen. Plus: Häufig greifen wir dann vor allem zu schnellen Snacks, die zudem kaum Nährstoffe enthalten, dafür aber Zucker und Fett, die schnell zufriedenstellen (aber nicht lange). Eine gesunde Ernährung im Schichtdienst ist zumeist eine mehr als große Herausforderung, denn man hat weder die Zeit, noch oftmals die Lust, zu überlegen, was nun gesünder wäre.

Menschen in verschiedensten Berufen arbeiten oft die ganze Nacht - Zeit für gesunde Ernährung bleibt dabei oftmals aus. Bildquelle: iStock/ aydinmutlu

8 Tipps für eine gesunde Ernährung im Schichtdienst:

  • Auf regelmäßigen Mahlzeitenrhythmus achten: Regelmäßige Mahlzeiten vermitteln dem Körper auch im veränderten Tagesablauf einen zuverlässigen Rhythmus. Idealerweise sollten Sie Ihre Hauptmahlzeiten immer zur gleichen Zeit einnehmen, sodass Hungergefühl und Verdauungssystem im Takt bleiben. So beugen Sie Magen-Darm-Problemen und Appetitlosigkeit vor. Bekommen Sie zwischendurch Hunger, nehmen Sie eine Zwischenmahlzeit ein.
  • Mindestens eine Mahlzeit in Gesellschaft einnehmen: Eine gemeinsame Mahlzeit mit der Familie, dem Partner oder der Partnerin, mit Freund:innen oder Arbeitskolleg:innen fördert den sozialen Austausch und die Kommunikation – und lässt Sie sich weniger isoliert fühlen.
  • Nichts zu Fettiges, Salziges und Süßes: Vermeiden Sie fettreiche und stark salz- oder zuckerhaltige Nahrungsmittel. Currywurst, Pommes, Donuts und Co. sind oft schwer verdaulich und enthalten häufig viele Kalorien, aber wenig gesunde Nährstoffe. Insbesondere nachts kann der Körper schlecht auf eine hohe Menge an Fett und Zucker reagieren.
  • Vielfältige und ausgewogene Lebensmittel essen: Bauen Sie so oft wie möglich Gemüse, Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Linsen, Obst, Nüsse und Vollkornprodukte in Ihre Mahlzeiten ein. Sie sind reich an Ballaststoffen und halten länger satt, ohne müde zu machen. Für warme Nachtmahlzeiten eignen sich zum Beispiel Fisch oder mageres Fleisch wie Putenfleisch oder Hähnchenfilet, Kartoffeln, Eier, Vollkornreis, Vollkornnudeln sowie Gemüse und Salat. Als gesunde Zwischenmahlzeit eignen sich beispielsweise Früchte, Gemüsesticks oder Naturjoghurt mit Haferflocken und Nüssen. Wer sich körperlich anstrengen muss und mehr Energie benötigt, kann sich beispielsweise einen Wrap mit Huhn, Gemüse und Eiern vorbereiten.
  • Verpflegung vorbereiten und mitbringen: Bereiten Sie gesunde Hauptmahlzeiten und Snacks am besten zuhause vor. So tappen Sie weniger schnell in die Snackautomaten- und Imbiss-Falle. Viele Gerichte lassen sich auch gut in größerer Menge vorkochen und in mehreren Portionen einfrieren. Gibt es im Unternehmen keine Kantine oder Mikrowelle, können Sie auch eine pürierte Gemüsesuppe im Thermosbecher mitnehmen.
  • Auf Portionsgrößen und Mengen achten: Wie viel Nahrung Ihr Körper benötigt, ist sehr individuell. Außerdem benötigen Sie am Schreibtisch weniger Energie als bei körperlicher Arbeit. Doch gerade in der Nachtschicht führen Schlafmangel und Müdigkeit eher dazu, dass wir mehr essen, als wir benötigen. Also: Nicht nur aus Langeweile zum Snack greifen und langsam und bewusst essen – so spüren Sie am besten, wann Sie satt sind.
  • Genügend Wasser trinken und nicht zu viel Koffein aufnehmen: Trinken Sie mindestens 1,5 Liter Wasser oder ungesüßte Tees, bei schwerer körperlicher Arbeit oder hohen Temperaturen noch mehr. Das hilft Ihnen, wach und konzentriert zu bleiben. Nachts sinkt die Körpertemperatur ab und wir frieren schneller. Dann helfen warme Getränke wie Tee. Kaffee und andere koffeinhaltige Getränke sollten Sie nur in Maßen genießen (maximal drei kleine Tassen in 24 Stunden) und insbesondere in den letzten vier Stunden vor dem Zubettgehen besser darauf verzichten. Gegen Müdigkeit helfen besser: Licht, Bewegung und frische Luft.
  • Alkohol und Schlafmittel vermeiden: Alkohol ist während der Arbeit ohnehin verboten, doch manche Schichtarbeitende nutzen ihn, um nach der Schicht besser einschlafen zu können. Aber: Alkohol macht zwar schläfrig, stört jedoch den Schlaf. Auch schlaffördernde Medikamente sollten nur in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin eingenommen werden.

Was können Unternehmen für ihre Mitarbeitenden im Schichtdienst tun?

Neben der Umsetzung eines gesundheitsfördernden und sozial verträglichen Schichtplans kann der Arbeitgeber Einfluss auf die Pausenregelung, die Gestaltung des Pausenraumes und, wenn vorhanden, auf das Angebot in der Betriebskantine nehmen.

  • Pausen: festgelegte Pausenzeiten, Pausenraum mit Kühlschrank zum Einlagern von mitgebrachten Speisen, evtl. Gefriermöglichkeiten und Mikrowelle, Möglichkeiten für eine aktive Pause z.B. mit Tischtennisplatten (insbesondere für Mitarbeitende, die hauptsächlich im Sitzen arbeiten) oder Erholung, wie z.B. Liege- oder Schlafmöglichkeiten (für Mitarbeitende, die viel auf den Beinen sind).
  • Betriebskantine: Gesunde warme und kalte Speisen, Lager- und Aufwärmmöglichkeiten in Pausenräumen, Änderung des Automatenangebotes zu gesundheitsfördernden Snacks – wie Äpfeln und Bananen, Müslis, Salaten und Nussmischungen.

Mahlzeiten einplanen – je nach Schicht

Trotz der Veränderungen im Tagesablauf durch wechselnde Schichten, ist es wichtig, die Mahlzeiten möglichst regelmäßig einzunehmen. Doch wie kann das funktionieren? Ein paar Vorschläge:

  • Frühschicht (ca. 6 – 14 Uhr): Beginnen Sie ihren Tag mit einem ausgewogenen Frühstück. Alisa isst morgens gerne ein großes Müsli mit Haferflocken und Bananen, Bernd liebt sein morgendliches Rührei mit Kidneybohnen. Um die lange Zeit zwischen Frühstück und Mittagessen zu überbrücken, können Sie vormittags eine Zwischenmahlzeit einnehmen – zum Beispiel ein Obstsalat oder ein Sandwich aus Vollkornbrot. Das Mittagessen sollten Sie dann zur gewohnten Zeit in der Mittagszeit essen. Idealerweise besteht Ihr Teller aus genauso viel Gemüse wie stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Reis oder Nudeln. Proteinhaltige Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Tofu oder Eier ergänzen den Teller in etwas kleinerer Menge. Gehen Sie einem körperlich anstrengenden Beruf nach, brauchen Sie mehr Energie – und können bei den stärkehaltigen Lebensmitteln stärker zugreifen. Bei Bedarf können Sie nachmittags einen weiteren Snack essen. Das Abendessen findet dann zur gewohnten Zeit statt – am besten in Gesellschaft.
  • Spätschicht (ca. 14 – 22 Uhr): Essen Sie Ihr Frühstück und Mittagessen möglichst zur gewohnten Zeit. Schlafen Sie nach der Spätschicht länger, können Sie auch etwas später frühstücken. Um während der Spätschicht konzentriert zu bleiben, können Sie am Nachmittag einen Snack einnehmen. Wie wär’s mit ein paar Gemüsesticks mit Hummus oder einem Wrap mit Lachs, Avocado und Eiern? Das Abendessen erfolgt dann wieder zur üblichen Zeit. Auch hier gilt: Reichlich Gemüse und stärkehaltige Lebensmittel mit eiweißhaltigen Lebensmitteln ergänzen. Alisas neues Lieblingsgericht ist ein Blumenkohl-Kartoffel-Curry mit Linsen. Bernd kocht gerne Pellkartoffeln mit Quark, dazu ein Putensteak und einen großen Salat. Das geht schnell und einfach!
  • Nachtschicht (ca. 22 – 6 Uhr): Essen Sie vor der Nachtschicht ein ausgewogenes Abendessen. Gegen Mitternacht sollten Sie eine leichte Zwischenmahlzeit einnehmen. Da unsere Körpertemperatur nachts absinkt, eignet sich zum Beispiel eine warme Gemüsesuppe. Es empfiehlt sich, dass Sie in der zweiten Nachthälfte nichts oder nur einen kleinen Snack verzehren. Alisa hat nur selten Hunger, Bernd wärmt sich gegen Ende seiner Schicht hingegen gerne ein kleines Porridge in der Mikrowelle auf. So oder so: Achten Sie unbedingt darauf, genügend zu trinken! Essen Sie nach Ihrer Nachtschicht ein Frühstück, damit der Hunger Sie nicht aus dem Tagesschlaf weckt. Für viele ist es hilfreich, bei Nachtschicht in zwei Blöcken zu schlafen und mittags zur gewohnten Zeit das Mittagessen einzunehmen.

Fazit

Die wechselnden Arbeits- und Schlafzeiten von Schichtarbeit sind eine Herausforderung für unseren Körper, denn sein natürlicher Rhythmus wird permanent gestört. Das kommt einer Art Dauer-Jetlag gleich – und wirkt sich oft negativ auf das Ernährungsverhalten und die Gesundheit aus. Zeit, umzudenken! Denn Beschäftigte können viel dafür tun, die Ernährung im Schichtdienst zu verbessern. Essenziell sind gesunde Lebensmittel und ein regelmäßiger Mahlzeitenrhythmus. Arbeitgeber können ihre Mitarbeitenden zusätzlich unterstützen: mit nach vorne rotierenden Schichten, einer gesunden Essensauswahl in der Betriebskantine und geeigneten Pausenräumen. So bleiben Schichtarbeitende gesund und leistungsfähig.


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Stand des Artikels: 01.06.2023
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion
Die Autorin

Yvonne Müller

MEDISinn-Redaktion

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