Strategisches BGM – wie Unternehmen davon profitieren
Das Wichtigste in Kürze
- Wie Studien zeigen, ist ein strategisches BGM in vielen Unternehmen eher die Ausnahme.
- Einzelmaßnahmen beruhen selten auf einer bedarfsorientierten und zielgruppenspezifischen Analyse.
- Strategisches BGM hingegen folgt einem ganzheitlichen Ansatz im Sinne eines Corporate Health Managements.
- Bei der Einführung eines strategischen BGM kommt es insbesondere darauf an, die Führungskräfte von dessen Wert für das Unternehmen zu überzeugen.
- In Zeiten von hybriden Arbeitsmodellen sollte Digital Health ein integraler Bestandteil eines strategischen BGM-Ansatzes sein.
Obst und Bio-Müsli zum Frühstück, Wasser und Saft für den Arbeitstag, eine Informationsveranstaltung zum Thema „Resilienz“ oder ein wöchentlicher Pilates-Kurs – es gibt viele Möglichkeiten, die Gesundheit der Mitarbeiter:innen im Unternehmen zu fördern. Doch passen die angebotenen Einzelmaßnahmen auch zum Profil der Belegschaft und zu den Zielen des Unternehmens? Folgen Sie einem übergeordneten Plan? Ein strategisches BGM verhindert, dass die Angebote ihre Wirkung verfehlen. Denn es beruht auf einer gründlichen Analyse des Status quo im Unternehmen, einer daraus abgeleiteten Konzeption eines ganzheitlichen Gesundheitsprogrammes und einer konsequenten Umsetzung mit fortlaufender Erfolgskontrolle. Wir zeigen, warum ein strategisches BGM wichtig ist, wie man es aufbaut und wie man Widerstände im Unternehmen konstruktiv überwinden kann.
Strategisches BGM in deutschen Unternehmen
Wer glaubt, dass viele Unternehmen in Deutschland schon längst ein strategisches BGM verfolgen, der irrt: Wie die Studie „BGM im Mittelstand 2019/2020" der Zeitschrift Personalwirtschaft in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse, dem Fürstenberg-Institut und der ias-Gruppe zeigt, ist strategisches BGM in vielen Betrieben eher die Ausnahme. Die Befragung von knapp 300 Personalverantwortlichen, BGM-Expert:innen und Führungskräften ergab, dass nur etwa ein Viertel der Unternehmen (rund 26 Prozent) ein übergreifendes BGM-Konzept hat und lediglich 39 Prozent aus den Analysen regelmäßige Maßnahmen ableiten. 58 Prozent der Befragten hingegen waren der Meinung, dass viele BGM-Maßnahmen nur Eintagsfliegen sind.
Oft beschränken sich BGM-Bemühungen also auf einzelne Angebote wie eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, eine gesunde Kantinenverpflegung oder eine Laufgruppe. Das ist sicher alles gut gemeint, ohne ein ganzheitliches BGM-Konzept aber bleibt die Wirkung dieser Maßnahmen meist überschaubar. Doch es geht auch anders.
Warum überhaupt BGM?
Um zu verdeutlichen, warum ein strategisches BGM unabdingbar ist, hilft es, sich noch einmal die wichtigsten Gründe zu vergegenwärtigen, die allgemein für ein Betriebliches Gesundheitsmanagement sprechen. Vor allem vier Punkte sind aus Unternehmenssicht entscheidend:
- Reduzierung von Fehlzeiten: Die Fehlzeitenquote im eigenen Unternehmen und damit die zusätzlich entstehenden Personalkosten zu senken, ist für viele Personalverantwortliche der wichtigste Grund, ein BGM einzuführen.
- Um die Produktivität und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter:innen zu erhalten und zu steigern, ist es wichtig ihre körperliche und mentale Gesundheit zu stärken. Ob Rückenschule oder Resilienz-Training, BGM bietet hier vielfältige Möglichkeiten.
- Erhöhung der Arbeitszufriedenheit und Verbesserung des Betriebsklimas: Arbeitszufriedenheit gilt als Basis für bessere Leistungen und sorgt für ein gutes Betriebsklima, in dem produktive Ergebnisse erzielt werden können.
- Steigerung der Arbeitgeberattraktivität: In einer Zeit, in der Fachkräfte händeringend gesucht werden und die Wechselbereitschaft von Arbeitnehmer:innen so hoch wie selten zuvor ist, bedeutet ein strategisches BGM einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil für Unternehmen. Es zeugt von Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiter:innen.
Exkurs: Wie sehr Unternehmen mittlerweile bereit sind, ihrer Belegschaft entgegenzukommen, zeigt das Beispiel des Berliner Start-ups „Einhorn“. Deren Gründer Waldemar Zeiler verkündete vor Kurzem, dass alle Mitarbeiter:innen künftig ein bezahltes Sabbatical machen können. Ein Sabbatical-Konto als besondere Form der Wertschätzung, so sieht Mitarbeiter:innen-Bindung heutzutage aus.
Wichtig: Ein BGM, das strategisch angelegt ist, ist kein Selbstzweck. Unternehmen haben einen konkreten wirtschaftlichen Nutzen davon. Wie die Studie „Nachhaltiges Gesundheitsmanagement als Treiber für Unternehmenserfolg“ der Unternehmensberatung Roland Berger und des Klinikbetreibers Asklepios zeigt, erhöht sich der Aktienwert eines Unternehmens, das ein effektives BGM betreibt, um 76 Prozent. Zudem steigt der Umsatz pro Mitarbeiter:in um 11 Prozent und die Fluktuation im Betrieb geht um bis zu 40 Prozent zurück.
Strategisches BGM – was bei der Einführung entscheidend ist
Bei der Implementierung von BGM-Maßnahmen kommt es auf einen ganzheitlichen Ansatz – im Sinne eines umfassenden und langfristig angelegten Corporate Health Managements – an. Entscheidend ist ein bedarfsorientiertes und zielgruppenspezifisches Angebot: Das heißt zum einen, dass nicht alle Mitarbeiter:innen ein gleiches Gesundheitsinteresse, Gesundheitsziel oder ein motiviertes Gesundheitsverhalten aufweisen. Dementsprechend müssen sowohl niedrigschwellige Angebote, die keine besondere Fitness oder Vorkenntnisse voraussetzen, gemacht werden als auch Angebote für „gesundheitsbewusstere“ Mitarbeiter:innen.
Zum anderen sollte man sich bewusst machen, dass es unterschiedliche Personengruppen im Unternehmen wie Führungskräfte, Auszubildende oder Verwaltungsangestellte gibt, für die spezifische BGM-Angebote erarbeitet werden sollten . Heißt: Während zum Beispiel für Vorgesetzte Seminare zu Themen wie „Gesund führen“ oder „Umgang mit psychisch beanspruchten Mitarbeiter:innen“ relevant sind, interessieren sich Auszubildende mehr dafür, wie sie in ihrer Prüfungsvorbereitung gut mit Stress umgehen können. Ebenso gilt es, branchenspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen: Ein Handwerker, der den ganzen Tag auf einer Baustelle verbringt, benötigt in der Regel keine Schulung über Ergonomie am Schreibtischarbeitsplatz. Informationsveranstaltungen zu gesunder Ernährung oder Hautkrebsprophylaxe hingegen können für diese Zielgruppe äußerst sinnvoll sein. Auch die verschiedenen Altersgruppen innerhalb der Belegschaft sollte man bei der strategischen Planung der BGM-Maßnahmen im Auge haben. Eine Nordic-Walking-Gruppe im Unternehmen spricht vielleicht eher etwas ältere Beschäftigte an, wohingegen der Online-Zumba-Kurs womöglich eher jüngere Beschäftigte in seinen Bann zieht. Grundsätzlich gilt: Eine „One-Size-Fits-All-Lösung“ ist im BGM nicht zielführend.
Wie geht man nun beim Aufbau eines strategischen BGM am besten vor? In der Studie „Corporate Health Management. Gesundheit in Unternehmen – weiter gedacht“ der Unternehmensberatung Roland Berger empfehlen die Autoren drei Schritte:
- Erhebung des Status quo: Welche Herausforderungen gibt es im Unternehmen (z. B. hohe Fluktuation, hohe Relevanz psychischer Erkrankungen, hoher Krankheitsstand)? Werden alle gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen wie Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) oder Gesundheitsschutz ausreichend umgesetzt?
- Konzeption eines neuen, ganzheitlichen Gesundheitsprogramms: In diesem Schritt sollte das Thema „Gesundheit“ in die Unternehmensziele integriert werden. Wichtig ist es, dass die Führungsebene dahintersteht, mitmacht und so das strategische BGM aktiv unterstützt. Unternehmen sollten in dieser Phase auch externe Anbieter, die auf BGM spezialisiert sind, zur Rate ziehen, um mit deren Expertise ein passgenaues Gesundheitsprogramm zu erarbeiten.
- Konsequente Umsetzung mit laufender Erfolgskontrolle: Die BGM-Maßnahmen sollten nach der Implementierung auch regelmäßig anhand vorab definierter Kennzahlen überprüft werden. Die Messung der Angebotsnutzung und subjektive Zufriedenheitswerte reichen dafür nicht aus. Auch Faktoren wie die Mitarbeiterproduktivität, die Überstunden- und Fehlzeitenquote oder die Fluktuationsrate sollten messbar gemacht werden.
Wie man Widerstände im Unternehmen konstruktiv überwinden kann
Bei der Einführung eines strategischen BGM treffen Personalverantwortliche nicht selten auf Widerstände – ob von der Geschäftsführung, Arbeitnehmervertretern oder Mitarbeiter:innen im operativen Geschäft. Die Gründe sind dabei vielfältig: An erster Stelle stehen in der Regel zeitliche Aspekte und der Vorrang des Tagesgeschäfts. Aber auch zu hohe Kosten, mangelndes Interesse der Belegschaft sowie Zweifel an der Wirksamkeit von BGM-Maßnahmen.
Um diese Widerstände zu überwinden, kommt es insbesondere darauf an, die Führungskräfte vom Wert eines strategischen BGM für das Unternehmen zu überzeugen. Die Botschaft muss lauten: Gutes Gesundheitsmanagement kann einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Aber auch die Belegschaft muss überzeugt werden: Dies funktioniert zum Beispiel, indem Spaß und die Belohnung von gesundheitsförderndem Verhalten beim Thema „BGM“ in den Vordergrund gestellt werden. Weniger sportliche Mitarbeiter:innen etwa sollten keine Angst davor haben, bloßgestellt zu werden. Eine Schrittzähler-Challenge beispielsweise nimmt alle Beschäftigten mit. Auch nicht so fitte Mitarbeiter:innen können daran teilnehmen, indem sie in Teams Schritte sammeln und so mehr Bewegung in ihren Arbeitsalltag bringen. Es muss also nicht immer ein 10-Kilometer-Lauf sein.
Das Potential von Digital Health für strategisches BGM
Digital-Health-Angebote dürfen heutzutage in keinem strategischen BGM-Konzept mehr fehlen. In vielen Branchen sind hybride Arbeitsmodelle mittlerweile selbstverständlich. Heißt: Beschäftigte wollen auch im Homeoffice auf BGM-Leistungen zurückgreifen. Digitale Angebote wie Live-Trainings, Coachings oder Webinare müssen – wie im analogen BGM – zielgruppenorientiert sein und einen direkten Mehrwert für die Mitarbeiter:innen bieten. In Zeiten von hybriden Arbeitsmodellen sollten sich digitale und analoge BGM-Angebote bestmöglich ergänzen und Hand-in-Hand gehen. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen sind digitale Gesundheitslösungen eine kostengünstige Alternative zu Präsenzveranstaltungen. Beim Aufbau eines ganzheitlichen BGM-Programms kann es sinnvoll sein, auf gesetzliche Fördermöglichkeiten für Unternehmen zurückzugreifen. MEDISinn bietet hier zum Beispiel eine umfassende Beratung für Unternehmen an. Diese beinhaltet unter anderem eine IST-Analyse, einen Fördermittelcheck und Empfehlungen für sinnvolle BGM-Maßnahmen . Ob Workshop, Einzelcoaching oder Event – MEDISinn bietet für alle Mitarbeiter:innen im Betrieb relevante Gesundheitsangebote in den Bereichen Körper & Bewegung, Psyche & Entspannung sowie Gesundes Unternehmen an.
Fazit
Viele einzelne BGM-Maßnahmen mögen gut gemeint sein. Steckt dahinter jedoch kein durchdachtes Konzept, stellt sich womöglich schnell Ernüchterung bei den Personalverantwortlichen und Führungskräften im Unternehmen ein. Denn nur ein strategisches BGM, das auf einer sorgfältigen und kritischen Bestandsanalyse der Herausforderungen im Unternehmen beruht, wird langfristig Erfolg haben. Ansonsten werden viele BGM-Maßnahmen ihre Wirkung verfehlen und zu Streuverlusten führen.