Darum sollten Unternehmen einen gesunden Schlaf fördern 

Der Schlaf der Mitarbeiter:innen ist Privatsache? Falsch gedacht – denn Schlafstörungen führen verstärkt zu Arbeitsunfähigkeitsfällen und verursachen somit hohe Kosten für Unternehmen. Wir erläutern die Hintergründe und geben Tipps, wie Betriebe den Schlaf ihrer Beschäftigten verbessern können und wie jeder auch selbst für eine gute Schlafhygiene sorgen kann.

Die Zahl der Arbeitsausfälle aufgrund von Schlafstörungen steigt immer weiter an – und damit auch die Risiken. Wie Unternehmen die Schlafgesundheit ihrer Mitarbeitenden schützen können, erfahren Sie hier. Bildquelle: istock/Prostock-Studio

Vom französischen Kaiser Napoleon stammt der Satz „Vier Stunden schläft der Mann, fünf die Frau, sechs ein Idiot.“ Er selbst betonte immer stolz, wie wenig Schlaf er in der Nacht benötige. Selbst heute noch brüsten sich etwa Spitzenpolitiker wie der französische Staatspräsident Emmanuel Macron oder Top-Manager wie Apple-Chef Tim Cook damit, dass sie nachts kaum ein Auge zu machen. So mag also der Eindruck entstehen, Schlaf sei der Karriere abträglich. Aber exakt das Gegenteil ist der Fall: Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen längst, dass die meisten Menschen zwischen sieben und acht Stunden Schlaf brauchen, um gute Ergebnisse im Job abzuliefern. Zu wenig Schlaf hingegen reduziert nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern schadet langfristig auch der Gesundheit.

Wie sich zu wenig Schlaf auf Leistungsfähigkeit und Gesundheit auswirkt

Eine Studie des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin und des Forschungszentrums Jülich hat die Auswirkungen von Schlafentzug auf die Gesundheit näher untersucht. Dabei zeigte sich, dass Schlafmangel auch Veränderungen im Gehirn verursacht. Bei manchen Teilnehmer:innen der Studie sorgte der Schlafentzug zudem für erhebliche, sekundenlange Gedächtnisaussetzer. Neben der reduzierten Leistungsfähigkeit gibt es auch ganz konkrete gesundheitliche Gefahren von zu wenig Schlaf: Wer schlecht schläft, hat beispielweise ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Da Schlafmangel nachweislich auch den Stoffwechsel in ein Ungleichgewicht bringt, erhöht sich die Gefahr für Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes. Auch die Immunabwehr wird durch zu wenig Schlaf gesenkt, wodurch die Infektanfälligkeit steigt. Allgemein nehmen Wohlbefinden und Lebensqualität durch einen gestörten Schlaf ab, was zudem auch die Anfälligkeit für psychische Erkrankungen erhöht.

Schafmangel und Arbeit

Wie weitreichend das Problem ist und welche Auswirkungen Schlafstörungen auf die Arbeitswelt haben, zeigt eine Untersuchung des Instituts für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF). Rund ein Drittel der Erwachsenen leidet zumindest gelegentlich unter Ein-, Durchschlafstörungen oder frühmorgendlichem Erwachen. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf den Job: So zeigt die Auswertung des BGF-Instituts, dass die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle infolge von nichtorganischen Schlafstörungen in den letzten 15 Jahren enorm zugenommen hat. Zwischen 2005 und 2020 vervierfachten sich demnach die Arbeitsunfähigkeitsfälle. Für die nichtorganischen Schlafstörungen sind oft psychische Gründe wie das Burnout-Syndrom ursächlich, gleichzeitig ist schlechter Schlaf – wie oben aufgeführt – wiederum auch ein erheblicher Risikofaktor für psychische Erkrankungen.

Die Zahl der Arbeitsausfälle aufgrund von Schlafstörungen ist in den letzten 15 Jahren auf ein Vierfaches gestiegen. Damit sollten Unternehmen Schlafprobleme als Risikofaktor ernstnehmen und ihnen mit entsprechenden Maßnahmen entgegenwirken. Bild- und Informationsquelle: BGF-Institut

Die andauernde Corona-Pandemie und die damit verbundenen Sorgen und Ängste der Menschen scheinen das Problem zu verschärfen: So gaben bei einer weltweiten Studie anlässlich des Weltschlaftages 2021 rund 70 Prozent der Befragten an, dass sie seit Ausbruch der Pandemie neue Schlafprobleme hätten. Angesicht dieser Zahlen scheint es dringend geboten, dass Unternehmen das Thema ernst nehmen und einen gesunden Schlaf ihrer Mitarbeiter:innen fördern. Doch wie kann das funktionieren und was kann jeder selbst tun, um die eigene Schlafhygiene zu verbessern? Darüber haben wir mit dem Chronobiologen und Schlafexperten Prof. Thomas Kantermann von der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Essen gesprochen. Zusammen mit dem Schlafexperten haben wir folgende Tipps für Sie und Ihre Mitarbeiter:innen erarbeitet:

Wie Unternehmen einen gesunden Schlaf ihrer Mitarbeiter:innen fördern können

  • „Vorleben, dass Schlaf wichtig ist: Das sollte von ganz oben kommen. Es muss die Botschaft durchdringen, dass es der Chefetage wichtig ist, dass die Mitarbeiter:innen ausgeschlafen und entspannt sind.“
  • „Einen Schlafkönig krönen: Es sollte nicht der-/diejenige Mitarbeiter:in belohnt werden, der am kürzesten schläft, sondern am längsten. Das würde den Schlaf an sich legitimieren und Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiter:innen zeigen.“
  • „Einen weckerfreien Montag einführen: Das würde helfen, nach dem Wochenende leichter aus dem Bett zu kommen und würde den Mitarbeiter:innen signalisieren: Kommt zur Arbeit, wenn ihr ausgeschlafen seid.“
  • „Bewegung an der frischen Luft: Teambesprechungen draußen abhalten oder mit den Kollegen um den Block gehen.“
  • „Für besseres Licht sorgen: Schreibtische sollten möglichst dicht am Fenster stehen. Es gibt immer noch Arbeitsplätze, die wenig Licht abbekommen oder auch gar kein Fenster haben. Alternativ können Unternehmen auch neue Beleuchtungen einbauen, die genügend Helligkeit garantieren.“

Darüber hinaus, so Experte Kantermann, sei generell auch Aufklärung über die Bedeutung des Themas hilfreich: „Etwa durch eine „Mini-Serie von Workshops, die wissenschaftliche Erkenntnisse zum Schlaf vermitteln“. Auch spezielle Schlafkurse können beispielsweise dazu beitragen, ein gesundes Schlafverhalten der Mitarbeiter:innen zu fördern.

Was man selbst für einen besseren Schlaf tun kann

Getreu dem Motto „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ kann aber auch auf individueller Ebene dafür gesorgt werden, den Schlaf zu optimieren. Generell ist es wichtig, einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus zu entwickeln. Das heißt, Sie sollten allen voran darauf achten – wenn möglich – immer zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen. Darüber hinaus rät Professor Kantermann zu folgendem Verhalten:

  • Circa zweieinhalb Stunden vor dem Zubettgehen sollten Sie auf die Beleuchtung achten: Durch den Verzicht oder die Reduzierung von Beleuchtung kurz vor dem Schlafengehen – egal, ob blaues oder weißes Licht – kann der Schlaf zudem verbessert werden.
  • Digital Detox: Es scheint Zusammenhänge zu geben zwischen dem Handykonsum vor dem Schlafengehen und der Schlafqualität. Versuchen Sie daher zum Beispiel eine Woche lang, ungefähr drei Stunden bevor Sie ins Bett gehen, auf Computer oder Smartphone zu verzichten. Stattdessen können Sie beispielsweise ein gedrucktes Buch lesen oder (bei gedimmtem oder keinem künstlichen Licht) einen Podcast hören.
  • Ernährung: Das Zeitfenster der täglichen Nahrungsaufnahme sollte zwischen 8 und 12 Stunden betragen. Nahrungsaufnahme in der Nacht sollte vermieden werden.
  • Spätabends keinen Sport mehr treiben: Das erhöht den Cortisolspiegel und unterdrückt so das Gefühl von Müdigkeit. Bewegung sollte besser zu früheren Zeitpunkten und idealerweise an der frischen Luft stattfinden, indem Sie etwa mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren.
  • Entspannungsübungen (was immer Ihnen guttut und hilft vom Alltag abzuschalten, auf Alkohol allerdings besser verzichten; siehe auch oben Digital Detox) helfen Ihnen dabei, vom Tag abzuschalten und runterzukommen.

Fazit

Schlafstörungen nehmen in unserer Gesellschaft immer mehr zu. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt, da es dadurch vermehrt zu Arbeitsunfähigkeitszeiten kommt. Unternehmen sind gut beraten, das Thema als Teil ihres betrieblichen Gesundheitsmanagements zu betrachten und einen gesunden Schlaf ihrer Mitarbeiter:innen gezielt zu fördern. Auch auf persönlicher Ebene lässt sich einiges tun, um den Schlaf zu verbessern – mit einem langfristigen Nutzen für die eigene Gesundheit.


Diesen Artikel weiterempfehlen:

Stand des Artikels: 20.05.2022
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion

Weitere Artikel zum Thema

Betriebsmedizinische Leistungen
keyboard_arrow_down
keyboard_arrow_up