Mit Sicherheit gesund: Wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden schützen

Das Arbeitsschutzgesetz enthält klare Regelungen, wie Unternehmen die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden gewährleisten sollen. Doch nicht immer kommen sie ihren gesetzlichen Pflichten nach – so führt nur etwa jedes zweite Unternehmen eine psychische Gefährdungsbeurteilung durch. Dabei ist die mentale Gesundheit ebenso wichtig wie die körperliche Gesundheit der Mitarbeitenden. Denn nur mit einem ganzheitlichen BGM-Konzept können Unternehmen ihre Beschäftigten nachhaltig schützen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 28. April ist der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
  • Statistiken zeigen: Nicht-tödliche sowie tödliche Arbeitsunfälle gehen seit Jahren zurück.
  • Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) soll zur Unfallverhütung beitragen, die Gesundheit der Beschäftigten schützen und einen sozialen Arbeitsschutz bieten. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Regelungen für Betriebe.
  • Die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen in Deutschland wird im Arbeitsalltag herausgefordert. Wie Studien zeigen, nehmen vor allem die Fehltage aufgrund psychischer Belastungen zu.
  • Mit gezielten Angeboten zur Stressbewältigung können Unternehmen dieser Entwicklung entgegenwirken und die psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten nachhaltig stärken.
Am 28. April ist Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
Mit gezielten Angeboten können Unternehmen die körperliche und psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten nachhaltig stärken.

Der 28. April ist für die Arbeitswelt definitiv kein x-beliebiger Tag. Es ist der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Grund genug für eine Bestandsaufnahme! Wir zeigen, wie sich die Arbeitssicherheit in Deutschland in den letzten Jahren entwickelt hat, welche rechtlichen Grundlagen bestehen und wie Unternehmen die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden im Arbeitsalltag fördern können.

Sicherheit am Arbeitsplatz in Deutschland – Status quo

Die Tendenz ist erfreulich: In Deutschland gibt es seit einigen Jahren immer weniger tödliche und nicht-tödliche Arbeitsunfälle. So belegt die Statistik, dass im Jahr 2020 rund 1.500 Menschen (1,5 %) einen Arbeitsunfall ohne tödlichen Ausgang hatten. Die Zahlen sind hier seit Anfang der 1990er Jahr rückläufig, wobei Männer häufiger verunfallen als Frauen. Auf 100.000 er­werbstätige Frauen kamen gut 800 Unfälle, auf Männer 2.100. Das Unfallrisiko hängt dabei stark von der Branche ab: Bauarbeiter:innen sind am häufigsten von nicht-tödlichen Arbeitsunfällen betroffen, gefolgt von Beschäftigten in den Bereichen Was­ser­versorgung und Ab­fall­ent­sor­gung.

Auch bei den tödlichen Arbeitsunfällen lässt sich ein Rückgang konstatieren: 2020 kam knapp einer von 100.000 Erwerbstätigen bei der Arbeit ums Leben, wohingegen es Mitte der 1990er Jahre noch mehr als viermal so viele tödliche Arbeitsunfälle gab. Am häu­fig­sten passieren diese im Bergbau, Baugewerbe, der Was­ser­ver­sor­gung sowie der Abwasser- und Abfallentsorgung. 96,3 Prozent der tödlich Verunglückten waren Männer, was darauf zurückzuführen ist, dass sie häufiger in den genannten Branchen mit hoher Unfallgefahr tätig sind.

Was gehört alles zum Arbeitsschutz?

Sicherheit am Arbeitsplatz ist nicht „nice to have“, sondern gesetzlich verpflichtend. Vorschriften dazu finden sich im sogenannten Arbeitsschutzgesetz, kurz ArbSchG. Grob lässt sich der Arbeitsschutz in die drei Teilbereiche

  • Unfallverhütung,
  • Gesundheitsschutz und
  • Sozialer Arbeitsschutz

unterteilen. Zur Unfallverhütung gehören zum Beispiel der Brandschutz oder die Maschinensicherheit; zum Gesundheitsschutz die Ergonomie, der Licht- und Lärmschutz und zum sozialen Arbeitsschutz Arbeitspausen und etwa der Jugend- und Mutterschutz.

Arbeitsschutz meint nicht nur Unfallverhütung, sondern auch Gesundheitsschutz und sozialen Arbeitsschutz.

Wie alle Gesetze unterliegt auch das Arbeitsschutzgesetz einem stetigen Wandel. Die wachsende Bedeutung der mentalen Gesundheit in der Arbeitswelt zeigt sich daran, dass seit Oktober 2013 der Bereich der psychischen Belastungen explizit im ArbSchG geregelt wird. Unternehmen sind in der Pflicht, Arbeitsplätze auf potenzielle psychische Gefahren zu untersuchen, unabhängig von ihrer Betriebsgröße und bereits ab dem ersten Mitarbeitenden. Mit einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung erfüllen Betriebe nicht nur ihre gesetzliche Pflicht. Sie können dadurch auch den Status quo der Arbeitsbedingungen erfassen und gezielt Maßnahmen einleiten, die für eine Verbesserung sorgen und zum Beispiel die Fehlzeiten reduzieren. Auch weitere betriebsmedizinische Leistungen wie etwa die Vorsorgeuntersuchung für Bildschirmarbeitsplätze, die der Augengesundheit dient, sind Bestandteil des Arbeitsschutzes. Wir unterstützen Sie gerne dabei, diese Maßnahmen in ihrem Betrieb erfolgreich umzusetzen – sprechen Sie uns an.


Diese Pflichten haben Unternehmen beim Arbeitsschutz

Das Arbeitsschutzgesetz legt fest, welche Maßnahmen Unternehmen für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten bei der Arbeit zu erbringen haben. Je nach Größe und Art des Betriebs gibt es dabei Unterschiede. Das sind die wichtigsten Arbeitsschutzmaßnahmen:

  • Gefährdungsbeurteilung: Sie stellt die Basis des Arbeitsschutzes dar. Unternehmen beurteilen dabei die Arbeitsbedingungen und die Gefährdungen der Beschäftigten bei der Arbeit.
  • Betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung: Diese besteht aus zwei Komponenten. Zum einen aus der Grundbetreuung, für die in der Unfallverhütungsvorschrift Einsatzzeiten vorgegeben werden und zum anderen aus dem betriebsspezifischen Betreuungsanteil, der von jedem Betrieb selbst zu ermitteln ist. Beide Teile sind verpflichtend.
  • Unterweisung: Ist vor allem vor der Aufnahme einer Tätigkeit, aber auch bei Einführung neuer Arbeitsmittel oder Technologien erforderlich. Beispiele wären Unterweisungen für Büro- und Bildschirmarbeitsplätze, über das Führen von Baumaschinen, oder Hygieneunterweisungen gemäß dem Infektionsschutzgesetz.
  • Betriebsanweisungen: Diese ergänzen die technischen Schutzmaßnahmen durch spezifische organisatorische Maßnahmen und ein sicherheitsgerechtes Verhalten der Beschäftigten. Meistens gelten sie für eine klar definierte Tätigkeit, wie z.B. dem „Arbeiten und Einrichten an Stanzautomaten“.
  • Erste Hilfe: Ersthelfer:innen im Betrieb sind gesetzlich vorgeschrieben. Die Anzahl richtet sich nach Größe des Betriebs und dem potenziellen Unfallrisiko. Darüber hinaus müssen Unternehmen auch Erste-Hilfe-Materialien, Notruftelefone und ggf. spezielle Rettungsgeräte bereitstellen.

Gesundheit im Arbeitsalltag: Psychische Belastungen nehmen zu

Die physische und psychische Gesundheit der Beschäftigten wird im Arbeitsalltag herausgefordert. Während die mentale Gesundheit lange Zeit eher ein Schattendasein fristete, steht sie seit einigen Jahren immer mehr im Fokus. Ein wesentlicher Grund dafür: Die Anzahl der Fehltage aufgrund psychischer Beschwerden nimmt in jüngster Vergangenheit deutlich zu. Aktuelle Zahlen dazu liefert zum Beispiel der „DAK Psychreport 2023“. Er offenbart einen erneuten Höchststand bei psychisch bedingten Fehltagen im Job.

Alarmierend ist vor allem der Fakt, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen von Mitarbeitenden in den vergangenen zehn Jahren um fast 50 Prozent gestiegen ist. Die 2020 einsetzende Corona-Pandemie hat diese Entwicklung noch einmal verschärft: Vor allem Angst- und Stimmungsstörungen gelten als häufige Covid-Langzeitfolgen im Bereich der psychischen Gesundheit.

Obwohl psychische Erkrankungen so drastisch zunehmen, fehlt es in vielen Unternehmen an geeigneten Angeboten im Bereich der seelischen Gesundheit. Dies ist ein Ergebnis der Studie #whatsnext – Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt. Die Untersuchung des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) zeigt, dass nur knapp 40 Prozent der befragten Betriebe ihren Mitarbeitenden Angebote zur Stressbewältigung und Ressourcenstärkung zur Verfügung stellen. Und lediglich jedes zweite Unternehmen führt tatsächlich eine psychische Gefährdungsbeurteilung durch. Damit kommen also viele Betriebe ihrer gesetzlichen Verpflichtung derzeit nicht nach.

Angebote zu psychischen und sozialen Themen kommen in den BGM-Angeboten der Unternehmen aktuell oft zu kurz. Bild- und Informationsquelle: #whatsnext – Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt. Eine Studie des IFBG in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse und dem Personalmagazin der Haufe Gruppe.

Besser sieht es im Bereich der Arbeitssicherheit aus: Hier haben gut drei Viertel der befragten Unternehmen Maßnahmen etabliert. Ähnlich steht es beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement und beim Betrieblichen Versorgungsmanagement.

Themen rund um die psychische Gesundheit der Beschäftigten werden von den befragten Organisationen zukünftig als enorm relevant angesehen. Bild- und Informationsquelle: #whatsnext – Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt. Eine Studie des IFBG in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse und dem Personalmagazin der Haufe Gruppe.

Wie Unternehmen die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden stärken

Was aus der Studie auch hervorgeht: Viele Unternehmen erkennen die Relevanz der mentalen Gesundheit für ihr BGM. Dem Themenkomplex „Burn-Out/Überforderung/Depression“ sowie der psychischen Gefährdungsbeurteilung messen sie in den kommenden drei Jahren einen klaren Bedeutungszuwachs bei, wie das obige Schaubild zeigt.

Unternehmen tun daher gut daran, schon jetzt nachhaltige Angebote im Bereich der psychischen Gesundheit zu platzieren. Ob Achtsamkeitstrainings, Burn-out-Prävention oder Resilienz-Kurse – es gibt viele Möglichkeiten, die mentale Gesundheit der Beschäftigten gezielt zu stärken. Um möglichst alle Mitarbeitenden zu erreichen, sollten diese Maßnahmen sowohl vor Ort auch digital angeboten werden. Sie vervollständigen ein Betriebliches Gesundheitsmanagement, das heutzutage in einigen Betrieben noch primär auf klassische – nicht minder wichtige – Themen wie Ergonomie, Ernährung oder Bewegung ausgerichtet ist.

Fazit

Nicht nur am 28. April sollten sich Unternehmen mit den Themen Sicherheit und Gesundheit im Arbeitsalltag beschäftigen. Dafür gibt es mindestens drei Gründe: Erstens gibt es gesetzliche Vorschriften, die sie zum Schutz ihrer Mitarbeitenden verpflichten. Zweitens führen Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme – nicht zuletzt im Bereich der psychischen Gesundheit – zu Fehlzeiten und verursachen damit hohe Kosten für Betriebe. Und drittens ist es für die Arbeitgeberattraktivität förderlich, wenn ein Unternehmen glaubhaft und nachhaltig daran interessiert ist, gesunde Mitarbeitende zu beschäftigen. Dies zeugt von Wertschätzung und Anerkennung – ein entscheidender Pluspunkt in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels.


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Stand des Artikels: 04.05.2023
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion
Die Autorin

Yvonne Müller

MEDISinn-Redaktion

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