Bye-bye, Herbstblues: So bleiben Mitarbeiter:innen jetzt gesund und fit

Weniger Licht und weniger Bewegung können dazu führen, dass einen der sogenannte „Herbstblues“ befällt. Arbeiten Mitarbeiter:innen dann noch verstärkt von zuhause und haben kaum Austausch mit Kolleg:innen, geht die Stimmung schnell in den Keller. Mit digitalen BGM-Angeboten in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Meditation und Achtsamkeit können Firmen dagegen steuern und die Gesundheit ihrer Beschäftigten stärken. Wie das gelingt, verrät die Arbeitsmedizinerin Eike Treis-Hoffmann im Interview.

Das Wichtigste in Kürze

  • Jeder sechste Mensch kennt den Herbstblues. Vor allem weniger Licht und mangelnde Bewegung können dazu führen, dass die Stimmung sinkt.
  • Die Arbeitsmedizinerin Eike Treis-Hoffmann erklärt im Interview, was gegen den Herbstblues hilft.
  • Mit Bewegung, Meditation, Achtsamkeitsübungen sowie einer gesunden Ernährung können Mitarbeiter:innen ihr Befinden in der kalten Jahreszeit verbessern.
  • Unternehmen sollten ihren Beschäftigten digitale BGM-Angebote in diesen Bereichen zur Verfügung stellen – diese stärkt die mentale wie körperliche Gesundheit nachhaltig.
Frau in Winterkleidung fährt lachend auf dem Fahrrad durch die Stadt.
Wenig Sonnenlicht, mangelnde Bewegung im Freien und trockene Heizungsluft: Es gibt zahlreiche Faktoren, die dazu beitragen können, dass der Herbstblues einzieht, sobald der Sommer vorbei ist. Wir erklären Ihnen, was man dagegen tun kann. Bildquelle: istock/ AleksandarNakic

Die Tage werden kürzer, es wird immer kälter und wir halten uns immer weniger im Freien auf. Die Folge: Die Stimmung sinkt – zumindest bei vielen Menschen. Was erschwerend hinzu kommt: Auch wenn die Homeoffice-Angebotspflicht für Unternehmen nach längerer Diskussion nun doch nicht zurückkehrt, werden viele Arbeitnehmer:innen aufgrund des zu erwartenden Anstiegs der Corona-Infektionszahlen in den kommenden Monaten vermutlich wieder mehr Zeit im Homeoffice verbringen. Dazu rät übrigens auch das Bundesarbeitsministerium.*

Angesichts dieser Situation erscheint die Gefahr real, dass uns der sogenannte „Herbstblues“ erwischt. Aber was hat es mit diesem Phänomen eigentlich auf sich? Was hilft dagegen? Und wie können wir gerade jetzt unsere körperliche und mentale Gesundheit stärken? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir uns mit der Arbeitsmedizinerin Dr. Eike Treis-Hoffmann unterhalten. Außerdem stellen wir Ihnen fünf digitale BGM-Angebote vor, die flexibel nutzbar sind, Teams näher zusammenbringen und mit denen Ihre Mitarbeiter:innen gestärkt durch die kalte Jahreszeit kommen. In diesem Sinne: Bye-bye, Herbstblues!

*Das BMAS geht von „einem erheblichen Anstieg von COVID-19-Erkrankungen“ im Herbst und Winter 2022/23 aus und empfiehlt Unternehmen, „Personenkontakte im Betrieb zu reduzieren“ – zum Beispiel durch Homeoffice.

Herbstblues: Das steckt dahinter

Den Herbstblues gibt es wirklich – das ist wissenschaftlich erwiesen. Ungefähr jeden sechsten Menschen trifft es. Davon abzugrenzen ist die sogenannte saisonal abhängige Depression (seasonal affective disorder), auch „Winterdepression“ genannt. An ihr leidet etwa einer von 50 Menschen; der Herbstblues hingegen betriff jede(n) Sechste(n), zeigen Studien aus Österreich. Dr. Eike Treis-Hoffmann, Fachärztin für Neurologie, Nervenheilkunde und Arbeitsmedizin aus Starnberg, gibt im Interview Tipps, wie wir mit dem Herbstblues umgehen können.

Expertin Eike Treis-Hoffmann im Interview

Frau Treis-Hoffmann, fast jeder sechste Mensch kennt den Herbstblues: Was steckt dahinter und warum tun sich so viele Menschen mit dem Übergang vom Sommer zum Herbst schwer?

Dr. Eike Treis-Hoffmann: Zum einen hat es tatsächlich mit hormoneller Steuerung zu tun: Mit der kürzer werdenden Tageslänge kommt es dazu, dass mehr Melatonin freigesetzt wird, und das macht uns müde. Zum anderen existiert in unserer Gesellschaft die Erwartungshaltung, rund ums Jahr gleichermaßen gut zu funktionieren und leistungsfähig zu sein. Und genau dieser Zwiespalt ist sehr anstrengend. Denn eigentlich steht uns im Herbst biologisch gesehen eher der Sinn nach Ausruhen und früh schlafen gehen. Um leistungsfähig zu bleiben, müssen wir viel Energie aufwenden – so geraten wir in eine Stressschleife, die uns nur noch Probleme sehen lässt. Und am Ende geht dann die Stimmung in den Keller.

Was lässt sich gegen den Herbstblues tun?

Wenn es möglich ist, sollte man zumindest im privaten Umfeld etwas kürzertreten und akzeptieren, dass man nicht so viel Energie wie im Sommer hat. In Bezug auf Bewegung bedeutet das zum Beispiel, dass man sein regelmäßiges Training beibehält, aber sich nicht unnötig quält. Auf die richtige Balance kommt es hier an. Ansonsten kann es helfen, sich bewusst vom Sommer zu verabschieden und an besonders schöne Momente zurückzudenken. Gleichzeitig kann es auch motivieren, wenn man sich für den nächsten Sommer schon neue Ziele setzt – das steigert die Vorfreude.

©privat

Was wäre Ihr wichtigster Tipp für Arbeitnehmer:innen?

Alle arbeitenden Menschen, die einen Bürojob haben und sonst im Winter gar kein Tageslicht abkriegen, sollten vor allen Dingen die Mittagspause nutzen und an die frische Luft gehen. Es ist wichtig, dass man genügend Tageslicht bekommt, weil ansonsten der Vitamin-D-Spiegel absinkt und dies auch die Entstehung von Depressionen befördern kann. Herbstspaziergänge am Wochenende sind daher auch eine sehr gute Idee.

Mit welchen Angeboten können Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen unterstützen?

Bewegungsangebote sind sehr hilfreich, da sie die Stimmung heben. Wenn Mitarbeitende im Homeoffice arbeiten, ist es auch wichtig, ihnen flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen und es zu gestatten, dass sie einen Spaziergang an der frischen Luft machen und für eine Stunde mal nicht erreichbar sind. Darüber hinaus sind Tageslichtlampen in Büros sinnvoll, da gibt es mittlerweile sehr gute Schreibtischlampen, die das ganze Tageslichtspektrum abdecken.
Oft sind schon kurze digitale Bewegungs- oder Entspannungsangebote hilfreich: Bei uns im Unternehmen (Anm. d. Red.: Eike Treis-Hoffmann ist seit 2015 als Betriebsärztin bei der Deutschen Post DHL Group tätig) gibt es ein Online-Angebot, das sich Atempause nennt. Sie dauert nur 15 Minuten, findet mehrmals die Woche statt und beinhaltet Yoga-, Meditations-, Achtsamkeits- oder Stretching-Übungen. Diese Sessions leiten die Mitarbeitenden selbst, die oft über eine Zusatzausbildung in diesen Bereichen verfügen.

Apropos Achtsamkeit: Kann sie dabei helfen, die dunkle Jahreszeit bewusster anzunehmen?

Absolut – schon allein unter dem Aspekt, dass man bewusst entgegensteuert, wenn man merkt, dass das Energielevel gerade gering ist. Dann kann ich mir zum Beispiel einen heißen Tee oder Kaffee machen oder ich kann eine fünfzehnminütige Bewegungspause an der frischen Luft einlegen. Achtsamkeit hilft mir dabei, bewusst drauf zu schauen, dass mein eigener Akku immer gut aufgeladen ist. In der Gemeinschaft sind Achtsamkeitstrainings übrigens einfacher umzusetzen. Wenn man zum Beispiel das Angebot in einen Online-Live-Kickoff einbindet oder Online-Buddy-Groups bildet, hilft das den Menschen, am Ball zu bleiben.

Wie wichtig ist das Thema „Ernährung“?

Der Klassiker in der Kantine während der kalten Jahreszeit ist bekanntlich der Braten mit Klößen. Aber so ein Gericht, das sehr fettig und kohlenhydratreich ist, macht eher noch müder. Wenn ich das mittags esse, dann bin ich gar nicht mehr leistungsfähig. Beim Mittagessen ist darauf zu achten, dass es ausgewogen ist und ausreichend Proteine und Mineralien enthält. Ein paar Nüsse mit Trockenobst oder frisches Obst sind gesunde Snacks für zwischendurch. Hin und wieder mal ein Stück dunkle Schokolade ist auch okay, denn Genuss muss auch sein, sonst macht es keinen Spaß.
Online-Ernährungskurse im Rahmen des BGM können ebenfalls hilfreich sein – wenn man sie dann im Unternehmen fortführt und ein Austauschforum mit Best-Practice-Tipps und Inspirationen für gesunde Gerichte schafft, ist die Wirkung nachhaltig.

Was kann sonst noch gegen den Herbstblues helfen?

Humor und positives Denken. Führungskräfte sollten bewusst dafür sorgen, dass das Team in Meetings auch mal gemeinsam lacht und sich darüber austauscht, was in jüngster Zeit gut gelaufen ist. Den Fokus auf positive Erlebnisse zu richten, ist gerade in der jetzigen Zeit sehr wichtig, da in den Medien fast nur noch über Krisen berichtet wird. Wir wissen, dass ein realistischer Optimismus die Stimmung hebt und gleichzeitig das Immunsystem stärkt. Auch ein gemeinsames Team-Event wie eine Weihnachtsfeier oder Angebote wie Lach-Yoga können hier sehr hilfreich sein.

Ab wann wird der Herbstblues behandlungsbedürftig?

Anzeichen für eine behandlungsbedürftige Depression sind zum Beispiel, dass mir Hobbys, Treffen mit Freunden und der Familie oder die Lieblingsmusik keine Freude mehr bereiten und nichts davon die Stimmung hebt. Wenn ich selbst merke, dass ich mich über einen längeren Zeitraum über nichts mehr freuen kann, keine Energie mehr habe und langsam, aber sicher in ein tiefes Loch zu rutschen drohe, ist es sinnvoll, frühzeitig gegenzusteuern und Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen.

Frau Treis-Hoffmann, vielen Dank für das Gespräch.


Fünf Ideen für digitale BGM-Angebote gegen den Herbstblues

Wie können Unternehmen die mentale und körperliche Gesundheit der Mitarbeiter:innen in der kalten Jahreszeit mit gezielten BGM-Maßnahmen stärken? Insbesondere dann, wenn dem einen oder der anderen im Homeoffice mal wieder die Decke auf den Kopf fällt und der Kontakt zu den Kolleg:innen fehlt? Fünf Ideen, wie Unternehmen ihre Belegschaft mit digitalen BGM-Angeboten unterstützen können.

  1. Online-Fitnessstudio: Bewegung ist wichtig – doch nicht immer kann man sich dazu motivieren, vor die Tür zu gehen und eine Runde im Park zu laufen oder ins Fitnessstudio zu gehen. Gut, dass es mittlerweile genügend Online-Bewegungsangebote gibt, für die man nicht viel braucht. Eine Trainingsmatte, bequeme Sportklamotten und eine Wasserflasche reichen in der Regel aus. Der große Vorteil von digitalen Fitnessprogrammen: Sie sind jederzeit nutzbar und bieten variable Programme für Einsteiger:innen und Fortgeschrittene. Arbeitnehmer:innen, die viel Zeit sitzend am Schreibtisch verbringen, sollten insbesondere auf ihre Rückengesundheit achten. Übungen wie Schulterkreisen, Nackenzieher oder Schulterdrücken haben sich bewährt und nehmen nur wenige Minuten in Anspruch.
  2. Online-Yoga-Training: Yoga ist schon lange kein reiner Trend mehr – und funktioniert auch online wunderbar. Die Wurzeln reichen weit zurück. Die philosophische Lehre stammt aus Indien und ist dort seit etwa 3000 – 4000 Jahren bekannt. Yoga bringt Körper und Geist in Einklang und hat nachweislich positive Effekte auf die physische wie psychische Gesundheit. Die Vorteile der Methode liegen vor allem darin, dass das Körpergefühl verbessert wird und gleichzeitig Stress ausgeglichen wird. Die Wirksamkeit im Betriebssport wurde in einer Studie der Universität Potsdam sogar wissenschaftlich belegt. Unternehmen können ihren Mitarbeiter:innen Online-Yoga-Kurse und -Trainings sowohl für Anfänger:innen als auch Fortgeschrittene anbieten. Durch das Teamerlebnis kann darüber hinaus auch der Zusammenhalt im Unternehmen gefördert werden.
  3. Digitaler Achtsamkeitskurs: Achtsamkeit bedeutet mental wie körperlich im Hier und Jetzt zu sein, ohne sich von irgendetwas ablenken zu lassen – für viele Menschen alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Ob mithilfe von Podcasts oder Online-Kursen, Achtsamkeit lässt sich auch remote und digital lernen. Das Konzept der Achtsamkeit geht auf den Buddhismus zurück, in dem Meditationsübungen regelmäßig praktiziert werden (siehe Punkt 4). Dass Achtsamkeit insbesondere im Jobkontext wirkt, zeigt der iga report 45 der Initiative Gesundheit und Arbeit. Er schreibt Achtsamkeit eine positive Wirkung in vielfacher Hinsicht zu: Demnach fördert Achtsamkeit die psychische Gesundheit, das seelische Gleichgewicht sowie die Konzentration der Mitarbeiter:innen und steigert sogar die Produktivität. Von Achtsamkeitskursen und -trainings profitieren daher Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen gleichermaßen.
  4. Online-Meditation: Mediation ist eine spirituelle Praxis, die seit Jahrhunderten praktiziert wird. Grundsätzlich gibt es viele verschiedene Arten von Meditationen. Grob unterteilen lassen sich Meditationen in kontemplative, also passive, und aktive Meditationsarten. Die positive Wirkung von Mediationsübungen auf die geistige Gesundheit ist unbestritten. Sie helfen dabei, Herausforderungen im Berufs- und Privatleben durch Klarheit und Gelassenheit zu meistern. Meditation verbessert die Leistungsfähigkeit und die innere Balance, steigert das Wohlbefinden und sorgt dafür, dass man schneller regeneriert. Unternehmen können ihren Mitarbeiter:innen entsprechend der Vorkenntnisse verschiedenen Arten von Online-Meditationskursen anbieten.
  5. Online-Ernährungskurs: Der Ernährung kommt bekanntlich eine Schlüsselrolle zu, wenn es um das körperliche und mentale Wohlbefinden geht. Gerade im Homeoffice greifen jedoch viele Menschen aus Zeitgründen oder Bequemlichkeit oft zu Snacks oder ungesunden Fertiggerichten. Wie Eike Treis-Hoffmann im Interview erwähnt, sollten Arbeitnehmer:innen darauf achten, dass das Mittagessen ausgewogen ist und ausreichend Proteine und Mineralien enthält. Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und viel frisches Gemüse sind hier die richtige Wahl. Für zwischendurch sind ein paar Nüsse mit Trockenobst, frisches Obst oder dunkle Schokolade mit einem hohen Kakaogehalt empfehlenswert. Online-Ernährungskurse können dabei helfen, ein besseres Bewusstsein für gesunde Ernährung zu schaffen. Zudem können sie Ihren Mitarbeiter:innen Anregungen für gesunde Gerichte geben.

Fazit

Mit dem Übergang vom Sommer zum Herbst tun sich viele Menschen schwer. Vor allem weniger Licht und weniger Bewegung können dazu führen, dass die Stimmung in den Keller geht. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Arbeitnehmer:innen angesichts steigender Corona-Infektionszahlen wieder verstärkt von zuhause arbeiten werden, womit sich die sozialen Kontakte reduzieren. Doch das alles muss nicht zwangsläufig einen Herbstblues zur Folge haben. Unternehmen können mit digitalen Gesundheitsangeboten, die körperliche und mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen auch in der hybriden Arbeitssituation nachhaltig stärken. Bewegung, Meditation und Achtsamkeitsübungen für die psychische Gesundheit sowie eine gesunde Ernährung bilden dabei den Schlüssel zum Erfolg.


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Stand des Artikels: 27.10.2022
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion

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