Stress ausschalten: Mit digitalen Angeboten zur Stressbewältigung

Stress, lass nach – das denken sich anscheinend immer mehr Menschen in Deutschland. Und nicht nur in der turbulenten Vorweihnachtszeit, in der beruflich wie privat kaum Zeit zum Durchatmen bleibt. Wie Studien zeigen, nimmt Stress in Beruf, Schule und Studium stetig zu. Was lässt sich gegen akuten Stress tun? Vor allem digitale Angebote zur Stressbewältigung scheinen wirksam und insbesondere auch alltagstauglich. Wir geben einen Überblick über die besten Empfehlungen zum digitalen Stressabbau.

Das Wichtigste in Kürze

  • Studien zeigen, dass der Stresspegel weltweit steigt. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung noch einmal verschärft.
  • Stress ist nicht per se gefährlich. Doch wenn er chronisch wird, drohen ernsthafte Gefahren für die körperliche und mentale Gesundheit.
  • Typische Stressauslöser, sogenannte Stressoren, sind der Beruf, Mehrfachbelastungen oder die eigenen – zu hohen – Ansprüche.
  • Oft hilft bereits ein besseres Zeitmanagement, für das es gute digitale Tools gibt, um den temporären Stress zu reduzieren.
  • Ob Wearables, Bewegung, Meditation oder Ernährungskurse – digitale Angebote können bei der Stressbewältigung eine gute Wirkung erzielen.
Frau meditiert auf dem Boden vor ihrem Laptop
Digitale Angebote können dabei unterstützen, besser mit Stress umzugehen – am Arbeitsplatz oder zuhause. Bildquelle: iStock/South_agency

Der Stresslevel steigt und steigt. Bereits vor der Corona-Pandemie fühlten sich viele Menschen hierzulande beruflich oder privat gestresst. Doch die Herausforderungen, die die Lockdowns und die damit verbundene Arbeit im Homeoffice mit sich brachten, haben das Stresslevel noch einmal deutlich nach oben schießen lassen. Die Studie „Entspann dich, Deutschland!“ von der Techniker Krankenkasse liefert eindeutige Zahlen. Insgesamt fühlen sich hierzulande knapp zwei von drei Menschen mindestens manchmal gestresst – mehr als 26 Prozent sogar häufig. 2013 waren es noch 20 Prozent. Dies hat Auswirkungen auf die Gesundheit: Erschöpfung, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Niedergeschlagenheit bis hin zu Depressionen können die Folge sein. Insbesondere bei Müttern sind die Belastungen hoch, wie etwa der „Mental Health Report 2022“ des Versicherungskonzerns AXA nahelegt.

Das Stresslevel steigt: Mütter sind laut dem AXA „Mental Health Report 2022“ besonders belastet. Bild- und Informationsquelle: AXA

Studien wie der „World Mental Health Report“ der Weltgesundheitsorganisation WHO verdeutlichen zudem, dass die psychische Gesundheit durch Corona weltweit herausgefordert wurde. Dem Bericht zufolge stiegen Angstzustände und depressive Störungen während des ersten Jahres der Pandemie um 25 Prozent an. Besonders beunruhigend: Wie die aktuelle „Trendstudie Jugend“ zeigt, macht Stress auch schon jungen Menschen zu schaffen. In der Untersuchung berichten 41 Prozent von Stress, ungefähr jede:r Dritte von Antriebslosigkeit und Erschöpfung.

Als wäre dies nicht schon genug, reihte sich in diesem Jahr mit dem Ukraine-Krieg, der Energiekrise und der steigenden Inflation ein negatives Ereignis an das nächste. Mit Folgen für die Psyche – denn „Bad News“ können zusätzlich Stress verursachen, da sie Menschen verunsichern und Existenzängste schüren. Eine News-Diät, wie sie etwa der Medienwissenschaftler Dr. Stephan Weichert bei uns im Interview vorgeschlagen hat, ist daher sicherlich eine sinnvolle Überlegung und ein erster guter Schritt in Richtung Stressbewältigung. Doch digitale Medien bieten, wenn man sie verantwortungsvoll und bewusst nutzt, auch Chancen bei der Stressbewältigung. Denn heutzutage gibt es vielversprechende digitale Angebote zur Entschleunigung und Entspannung, die Abhilfe bei temporärem Stress versprechen. Hier kommt unser Anti-Stress-Guide.

Nicht jeder Stress wirkt negativ: eine kurze Definition von Stress

„Ich bin im Stress“ oder „Das stresst mich“ sind Sätze, die heutzutage fast schon inflationär gebraucht werden. Doch wie definiert sich eigentlich Stress? Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wird unter dem Begriff die „starke Beanspruchung eines Organismus durch innere oder äußere Reize verstanden“. Per se ist Stress nichts Negatives, die Unterscheidung in positiven (Eustress) und negativen Stress (Distress) macht dies deutlich. Der Eustress wird als Herausforderung empfunden und motiviert zum aktiven, gestaltenden Handeln. Beispiele dafür wären etwa ein Vorstellungsgespräch, eine Präsentation im Job oder die Teilnahme an einem sportlichen Wettkampf.

Der Distress hingegen wird als belastend wahrgenommen, wann und wie er sich äußerst ist höchst individuell, denn Menschen sind sehr unterschiedlich belastbar. Überforderung, Angstgefühle, Konzentrationsstörungen und Stimmungsschwankungen sind typische Indikatoren für den negativen Stress. Wenn der Distress chronisch wird, drohen ernsthafte gesundheitliche Auswirkungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen oder psychische Störungen wie Depressionen oder Burn-out. Doch so weit muss es nicht kommen, temporärem Distress kann man bewusst und frühzeitig entgegentreten. Welche Formen der Stressbewältigung besonders erfolgversprechend sind, zeigen wir weiter unten.

Stress erkennen und Stressfaktoren reduzieren

Vielleicht fragen Sie sich gerade, ob Sie selbst unter negativem Stress leiden. Um diese Frage zu klären, kann es sinnvoll sein, typische Stressauslöser, sogenannte Stressoren, zu identifizieren. Häufige Stressoren sind der Beruf und Mehrfachbelastungen, wie sie etwa durch die Pflege eines Angehörigen, durch die Herausforderung, Familie und Beruf zu vereinbaren oder durch mehrere Jobs, die parallel ausgeführt werden auftreten. Auch familiäre Probleme, die Trennung oder Scheidung vom Partner oder der Partnerin, die eigenen (zu hohen) Ansprüche oder belastende Alltagssituationen (wie Lärm oder ein Verkehrsstau) sind typische Stressoren. Mitunter lassen sich Stressoren in diesen Feldern schon durch ein besseres Zeitmanagement in den Griff bekommen. Dabei ist es entscheidend, Prioritäten zu setzen und Aufgaben mithilfe von Wochen- und Tagesplänen zu strukturieren. Eine Selbstmanagement-Methode wie „Getting Things Done (GTD)“ oder digitale Zeitmanagement-Tools wie „Todoist“ können hier hilfreich sein.

Wichtiger Hinweis: Bringen diese Methoden keine Besserung bzw. droht der Stress chronisch zu werden, oder ist es gar schon, sollten Betroffene unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen und zu ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt gehen. Diese oder dieser kann dann beurteilen, ob gegebenenfalls eine Psychotherapie ratsam ist und Empfehlungen für eine Psychotherapeutin oder einen -therapeuten geben. In dringenden Fällen ist die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung eine gute Anlaufstelle. Sie vermittelt Betroffenen einen Sprechstundentermin für ein Erstgespräch innerhalb von vier Wochen in der näheren Umgebung des Wohnortes.


Unser Buchtipp zum Thema:

Bildcredits: Petra Homeier

In seinem Buch „Kopf frei! Wie Sie Klarheit, Konzentration und Kreativität gewinnen“ (erschienen 2021 im Droemer-Verlag) erklärt der Neurologe und Psychiater Dr. Volker Busch, was Reizüberflutung und digitaler Stress bewirken und wie man in einer informationsüberladenen Welt seine mentale Gesundheit schützen und stärken kann. Mehr dazu erfahren Sie hier.


Fünf digitale Angebote zur alltäglichen Stressbewältigung

Was kann man gegen akuten Stress tun? Die Antwort lautet: Der Mix macht’s. Mit Bewegung, Entspannungsübungen, Selbstfürsorge und sozialen Kontakten sind Sie auf jeden Fall gut beraten. Denn dadurch werden Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol abgebaut, die der Körper in mental anstrengenden Phasen ausschüttet, um Energiereserven freizusetzen. Der große Vorteil von digitalen Angeboten zur Stressbewältigung? Sie sind zeit- und ortsunabhängig nutzbar und ermöglichen nicht nur Berufstätigen, Eltern und Pendler:innen somit größtmögliche Flexibilität. Hier sind fünf digitale Stressbewältigungsmethoden, die Sie kennen sollten:

  1. Wearables: Fitnessarmbänder oder Smartwatches können natürlich nicht unmittelbar Stress reduzieren. Im Sinne eines aktiven Stressmanagements können sie aber – langfristig gesehen – das Wohlbefinden steigern, indem sie Stress sichtbar machen und der Nutzerin oder dem Nutzer individuelle Empfehlungen zur Senkung das Stresslevels geben. Verschiedene Wearable-Hersteller bieten bereits solche Funktionen an. Die Studie „BluesWatch“ der Freien Universität Berlin untersucht derzeit, inwieweit Wearables durch das Anzeigen von Aktivitäts- und Vitaldaten, wie Schlafdauer oder Anzahl der Schritte, auch Aufschlüsse über das psychische Wohlbefinden liefern können. Wer mehr über die Studie erfahren, oder daran teilnehmen möchte, findet hier weiterführende Informationen.

  2. Online-Sportkurse: Sport und Bewegung senken den Stresspegel, da sie Stresshormone wie etwa Cortisol in Balance bringen. Optimal geeignet sind Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen. Um zu vermeiden, dass Sport zusätzlichen Stress verursacht, sollte der Leistungsgedanke nicht im Vordergrund stehen. Wer sich in der kalten Jahreszeit nicht für Bewegung an der frischen Luft motivieren kann, der muss nicht untätig bleiben: Online-Fitnessstudios bieten eine hervorragende Möglichkeit, auch in den eigenen vier Wänden aktiv zu sein und können gut in den Arbeitsalltag integriert werden. Das Trainingsspektrum kann dabei sehr vielfältig aussehen – ob Ausdauer, Beweglichkeit oder Krafttraining – jede:r kann die für sich passenden Übungen auswählen.

  3. Online-Pilates: Pilates ist ein ganzheitliches Körpertraining, das sich seit geraumer Zeit zunehmender Beliebtheit erfreut. Dadurch lässt sich Stress abbauen und das Wohlbefinden steigern. Die Bewegung beim Pilates führt dazu, dass Glückshormone wie Dopamin oder Serotonin produziert werden. Zudem sorgen die spezifischen Atemübungen für Entspannung und dafür, dass man zur Ruhe kommt. Das flexible Ganzkörpertraining lässt sich problemlos in den Arbeitsalltag integrieren und ist denkbar unkompliziert. Denn für Pilates braucht man lediglich eine Matte und eine kleine freie Fläche.

  4. Mediations-Kurse- und Apps: Wer besser mit Stress und Belastungen umgehen und seine Wahrnehmung schärfen möchte, der kann auch auf Meditationskurse oder Meditationsapps zurückgreifen. Apps wie „7Mind“ werden von vielen Krankenkassen unterstützt und sind daher für die Versicherten oft kostenlos. Meditationsübungen helfen dabei, Körper und Geist zu beruhigen und zu stärken. Entschleunigung und Erholung infolge der Meditation führen dazu, dass Sie Ihren Akku wieder aufladen können. Für den Einstieg ist zum Beispiel das Anti-Stress-Programm MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) zu empfehlen. Die Meditationstechnik, die in den 70er Jahren von dem Wissenschaftler Jon Kabat-Zinn entwickelt wurde, ist ideal zur Stressbewältigung.

  5. Online-Ernährungskurse: Ja, richtig gelesen – auch die Ernährung hat Einfluss auf den Stresspegel. Allen voran die Vitamine A, C und E stärken das Immunsystem und helfen somit, stressbedingte Belastungen zu reduzieren. Magnesium gilt zudem als Stresskiller – enthalten insbesondere in Haferflocken, Sonnenblumenkernen, Cashewnüssen, Mandeln und weißen Bohnen. Ebenso wichtig ist es, eine ausreichende Menge an Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Zwei Liter Wasser oder ungesüßter Kräutertee pro Tag sollten es mindestens sein – das hält den Kreislauf stabil und sorgt dafür, dass man klarer denken kann. Wie eine ausgewogene und gesunde Ernährung im Homeoffice und im Büro aussehen kann, erfährt man auch in speziellen Online-Ernährungskursen.

Fazit

Immer mehr Menschen in Deutschland fühlen sich gestresst. Sollten Sie auch dazugehören, gilt es zunächst, den eigenen Stress zu erkennen und zu versuchen, die Stressfaktoren zu reduzieren. Ein besseres Zeitmanagement kann hier oft schon einiges bewirken. Darüber hinaus gibt es verschiedene Methoden der Stressbewältigung. Ob Wearables, Bewegung, Entspannung oder Ernährungskurse – viele Strategien gegen Stress sind digital und damit flexibel nutzbar. Unternehmen sollten ihre Mitarbeitenden gezielt auf diese Möglichkeiten aufmerksam machen und sie dabei unterstützen, Stressbewältigung in den Arbeitsalltag zu integrieren. Der Lohn: Stressresistentere und damit auf lange Sicht gesehen gesündere und leistungsfähigere Beschäftigte.


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Stand des Artikels: 21.12.2022
Die Autorin

Yvonne Müller

MEDISinn-Redaktion
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion

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