Die gesunde Einstellung zur Lockerung der Corona-Schutzregeln

Einzelne Bundesländer haben die Isolationspflicht vollständig aufgehoben. Studien belegen jedoch, dass Betroffene schon zuvor an den Arbeitsplatz zurückkehrten, obwohl sie noch Symptome oder gar ein positives Testergebnis hatten. Das Phänomen des „Präsentismus“ war uns auch schon vor der Corona-Pandemie ein Begriff: Viele schleppen sich stets trotz Infekt & Co. zur Arbeit. Aber gerade jetzt müssen wir vermehrt aufeinander Acht geben – sowohl unter Kolleg:innen als auch von Unternehmensseite.

Zwei Kollegen sitzen nebeneinander am Arbeitsplatz und geben sich lachend gegenseitig die Faust
Spätestens seit der Corona-Pandemie, sollte uns bewusst sein, wie wichtig die Gesundheit ist. Insbesondere jetzt, da die Schutzmaßnahmen sukzessive gelockert werden, sollten wir sie weiterhin ernst nehmen – für uns und unsere Kolleg:innen. Bildquelle: istock/scyther5

Das Thema war bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie aktuell: Auch wenn man krank ist, schleppt man sich zur Arbeit. Mehr als 50% geben in Umfragen an, mindestens einmal im Jahr trotz Krankheit zu arbeiten. Vor allem in Hinblick darauf, dass vor dem ersten Lockdown 2020 das Arbeiten aus dem Homeoffice noch nicht in jedem Unternehmen etabliert war, bedeutete das in vielen Fällen, dass man so potenziell auch andere Mitarbeiter:innen anstecken konnte. Im schlimmsten Fall fielen so mehrere Kolleg:innen gleichzeitig aus oder arbeiteten trotz Erkrankung – wenn auch weitaus weniger leistungsfähig und gleichzeitig mit vermehrtem Ansteckungsrisiko im Betrieb (mehr dazu in unserem Magazin-Artikel zum Thema „Präsentismus “).
Das war vor 2020. Heute geht es nicht mehr nur um die Ansteckungsgefahr mit Erkältungen, viralen Infekten & Co.; das Corona-Virus ist als weitere ernstzunehmende Bedrohung für unsere Gesundheit hinzugekommen, die auch langfristig schaden kann (über die gesundheitlichen Folgen auf Psyche und Körper haben wir in unserem Magazin bereits umfangreich berichtet).

Galten deutschlandweit bislang weitreichende Schutzregeln, die das Ansteckungsrisiko mit dem Corona-Virus eindämmen sollten, sehen die aktuellen Entwicklungen eine zunehmende Lockerung dieser voraus: von einer allgemein verkürzten Isolationspflicht auf fünf Tage bis hin zu ihrer grundsätzlichen Aufhebung in einzelnen Bundesländern. Damit liegt der Schutz vor Ansteckung nun vor allem auch in der Hand des oder der Infizierten selbst.

Krank arbeiten – im Homeoffice leicht gemacht?

Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat in vielen Betrieben das Angebot des Arbeitens aus dem Homeoffice durchgesetzt. Inzwischen sind daher viele heimische Arbeitsplätze stets einsatzbereit. Das Gute daran: Homeoffice birgt viele Vorteile für die Work-Life-Balance der Mitarbeiter:innen wie auch die Produktivität in Unternehmen allgemein. Doch in diesem Zusammenhang darf man auch die Gefahren nicht vergessen: Selbst wenn Mitarbeiter:innen per Landesgesetz noch zu einer Isolation verpflichtet sind, so bietet das Homeoffice inzwischen eine gute Alternative zum Büro – vor allem im Krankheitsfall. So ist es vielen Mitarbeiter:innen inzwischen möglich, einfach von zu Hause zu arbeiten, wenn sie nicht fit genug sind, um in die Arbeit zu fahren.
Auch wenn man damit andere vor einem Ansteckungsrisiko bewahrt, so vergisst man doch gerne eins, nämlich die eigene Gesundheit. Hier droht die Gefahr, wieder in alte Verhaltensmuster zu verfallen – nur in einer Welt, in der Corona mehr oder weniger „zum Alltag gehört“.

Das heißt, auch wenn wir Rücksicht auf andere nehmen und die Wohnung nicht verlassen, haben viele inzwischen eine Möglichkeit, dennoch den beruflichen Pflichten nachzukommen. Nicht selten kommt es sogar vor, dass man sich dazu verpflichtet fühlt. Die Gründe dafür sind vielfältig und wohl jedem bekannt: Große Projekte und Abgabetermine stehen an, man möchte den Kolleg:innen nicht noch mehr Arbeit übertragen und so weiter und so fort... Die Folge: Ob mit Corona oder viralem Infekt, man arbeitet auch, wenn man eigentlich ins Bett gehört. Letztendlich birgt das Arbeiten trotz Krankheit mehr Risiken als Vorteile – für die Gesundheit wie auch die Arbeit an sich. Gerade heute, nach über zwei Jahren, die das Corona-Virus und seine Auswirkungen nun bereits erheblichen Einfluss auf unser alltägliches Leben haben, sollte uns mehr denn je bewusst sein, wie wichtig die Gesundheit ist.

Ende der Isolationspflicht – Anfang der nächsten großen Ansteckungswelle?

Zum 17. November haben die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Schleswig-Holstein und Hessen die Isolationspflicht offiziell abgeschafft. Hier gilt bereits: Wer sich positiv auf COVID-19 testet, muss nicht mehr, wie bislang üblich, für mindestens fünf Tage in die häusliche Quarantäne, sondern kann sich auch außerhalb der eigenen Wohnung frei bewegen, allerdings nur mit medizinischer oder FFP2-Maske. Kann man damit schon voraussehen, dass das Ansteckungsrisiko wieder rasant steigen wird? Das können wir nicht beantworten.
Allerdings belegen Studien, wie die Befragung „Arbeiten 2022“ der Betriebskrankenkasse Pronova BKK aus dem September 2022, dass jede:r Zehnte trotz Corona in die Arbeit zurückkehrt. Und rund 72% gehen wieder arbeiten, obwohl sie noch nicht wieder vollständig fit sind. Die Gefahr besteht also allemal.

Der Arbeitgeber steht weiterhin in der Fürsorgepflicht

Gleichzeitig offenbart genannte Studie auch, was sich Arbeitnehmer:innen speziell im weiteren Umgang mit Corona wünschen: Beinahe die Hälfte der Befragten begrüßt eine Fortführung der Maskenpflicht sowie regelmäßig durchzuführende Tests am Arbeitsplatz. Arbeitgeber sollten dahingehend ihre Fürsorgepflicht nicht außer Acht lassen – sowohl hinsichtlich der infizierten Mitarbeiter:innen als auch der anwesenden Kolleg:innen. Dazu gehört auch, dass regelmäßig überprüft wird, ob die verpflichtenden Maßnahmen, wie das Tragen einer Schutzmaske, im Büro eingehalten werden. Auch das Angebot von betrieblichen Schutzimpfungen steht laut aktueller Corona-Schutzverordnung der Bundesregierung (gültig vom 01.10.22 bis 07.04.23) weiterhin in der Pflicht des Arbeitgebers.


Jeder Arbeitgeber trägt im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses die Verantwortung für Leben und Gesundheit der Mitarbeiter:innen. Diese „Fürsorgepflicht“ zählt zu den sogenannten Nebenpflichten des Arbeitgebers, die sich aus §618 des Bürgerlichen Gesetzbuches ableitet. Zahlreiche Schutzvorschriften beschreiben die einzelnen Pflichten im Detail, so zum Beispiel


Die besondere Herausforderung für die Unternehmensgesundheit: Wer mit Corona infiziert ist, aber keine Symptome hat, kann in den oben genannten Bundesländern, in denen die Isolationspflicht bereits entfallen ist, ohne weiteres arbeiten. Aber auch wenn der Gang zum Büro nicht mehr verboten ist, so sollte es im Sinne des Unternehmens sein, Betroffenen bei Möglichkeit das Arbeiten aus dem Homeoffice freizustellen, insofern sie grundsätzlich arbeitsfähig sind. Dies ist auch im Sinne der infizierten Mitarbeiter:innen selbst, denn das Tragen einer Schutzmaske über viele Stunden ist weder angenehm noch empfehlenswert. Alternativ kann das Angebot eines Einzelbüros eine passende Maßnahme bieten oder das Einrichten entsprechender Abstände zwischen den Arbeitsplätzen.

Gesundheit geht uns alle an

Wer hingegen Symptome hat, sollte sich und andere schützen und, wenn gesundheitlich wie auch berufsbezogen möglich, entweder von zu Hause arbeiten oder sich schlichtweg krankmelden. Aufgrund des im Winter wieder stark ansteigenden Risikos einer Ansteckung zum Beispiel mit dem Corona- oder Grippevirus wurde die Möglichkeit, sich mit leichten Atemwegserkrankungen telefonisch krankschreiben zu lassen, erst kürzlich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bis zum 31. März 2023 verlängert und somit weiterhin erleichtert.

Fazit

Da die Isolationspflicht bereits vereinzelt abgeschafft wurde, sind Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer:innen gleichermaßen umso mehr gefragt, Verantwortung für die persönliche Gesundheit zu übernehmen, vor allem, wenn sie auch andere betrifft. Unternehmen können in diesem Zusammenhang, sofern umsetzbar, das Arbeiten von zu Hause weiterhin ermöglichen, Testmöglichkeiten in den Büros anbieten, Abstände zwischen Arbeitsplätzen vergrößern und betriebliche Impfungen, wie beispielsweise die Grippe - oder COVID-Impfung anbieten.

Mitarbeitende selbst sollten im Falle von Symptomen wie Husten und Schnupfen dem Büro fernbleiben sowie, falls die Symptome nicht zu stark sind und es generell möglich ist, aus dem Homeoffice arbeiten. Ansonsten empfehlen wir bei jeglicher Krankheit: Wenn es nicht geht, geht es eben nicht. „Handbremse ziehen“, auskurieren und erholen. Weil Gesundheit alles ist!


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Stand des Artikels: 01.12.2022
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion

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