Führung in Krisenzeiten – darauf kommt es an

Ob Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg oder steigende Inflation – Krisen sind derzeit allgegenwärtig. Auch wenn Unternehmen nicht direkt davon betroffen sind, gehen die Negativnachrichten nicht spurlos an den Mitarbeitenden vorbei. Unsicherheiten und Zukunftsängste sind die Folge. In Krisenzeiten kommt es daher ganz besonders auf die Führungskräfte im Unternehmen an. Wir zeigen, was Führung in Krisenzeiten bedeutet, wie man Mitarbeitende motiviert und Krisen als Chance für Veränderungen nutzen kann.

Das Wichtigste in Kürze

  • Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation – Krisen bestimmen derzeit das Weltgeschehen und sorgen für Verunsicherung bei Beschäftigten.
  • Führungskräfte sind in dieser Situation mehr denn je gefragt – sie sollen Orientierung geben und Zuversicht verbreiten.
  • In Zeiten von New Work und andauernden Krisen verschiebt sich der Fokus auf kooperative und coachende Führungsstile.
  • Laut der Organisationsberaterin Astrid von Sichart kommt es in Krisenzeiten insbesondere darauf an, Mitarbeitende zu empowern.
  • Der Digitalisierungsschub während der Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Krisen auch ein Motor für Veränderungen sein können.
Führungskraft im Gespräch mit ihren Mitarbeitenden
Gerade in angespannten Zeiten kommt es am Arbeitsplatz auf die Führungskräfte an – sie können Orientierung geben und die Zuversicht der Mitarbeitenden stärken. Bildquelle: iStock/ SolStock

Ob Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, steigende Energiepreise oder Inflation: Die Nachrichtenlage wird schon seit vielen Jahren von negativen Ereignissen bestimmt. Doch nicht nur die Häufung von Bad News, die von jeher die Medienberichterstattung dominieren, macht vielen Menschen zu schaffen. Auch die Geschwindigkeit, mit denen Nachrichten im digitalen Zeitalter verbreitet und konsumiert werden, ist bedenklich. Mit „Doomscrolling“ – sprich, dem exzessiven Konsumieren von schlechten Nachrichten – gibt es dafür sogar einen eigenen Begriff. Daher ist es wenig verwunderlich, dass die vielen Krisenmeldungen nicht spurlos an Arbeitnehmer:innen vorbei gehen. Wie etwa eine aktuelle Studie der Jobportale Glassdoor und Indeed zeigt, herrscht bei vielen Menschen vor allem Verunsicherung vor. Insbesondere die steigenden Lebenshaltungskosten und die Angst vor einer Verschlechterung der Wirtschaftslage belasten viele Menschen aktuell. Sie stellen sich die Frage: Wie soll das alles weitergehen?

Schon seit einiger Zeit gibt es zahlreiche alarmierende Entwicklungen im Weltgeschehen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass vor allem Geldsorgen die Deutschen momentan umtreiben. Bild- und Informationsquelle: Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen 2022“ des Infocenters der R+V Versicherung.

Mehr denn je kommt es daher in der aktuellen Situation, die von Unsicherheiten und Ängsten geprägt ist, im Arbeitsumfeld auf Führungskräfte an. In ihrer Rollen sollen sie – ganz grundsätzlich – Orientierung geben und Zuversicht verbreiten. Doch wie gelingt das vor allem in Extremsituationen, wie den aktuell vorherrschenden gesamtgesellschaftlichen Krisenzeiten? Und: Kann die Krise vielleicht auch ein Motor sein für positive Veränderungen? Wir zeigen, worauf es dabei ankommt.

Gute Führung zahlt sich immer aus

Dass Führung einen maßgeblichen Einfluss auf das Wohlbefinden, die psychische wie physische Gesundheit sowie die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitenden eines Unternehmens hat, steht außer Frage. Beispiele gefällig? In der Studie „#whatsnext – Gesund arbeiten in der digitalen Arbeitswelt“ geben neun von zehn Befragten an, dass das Engagement der Führungskräfte der wichtigste Faktor für die Förderung der Beschäftigtengesundheit sei (Stand: 2020).

Andere Untersuchungen legen nahe, dass eine gesundheitsorientierte Führung auch das Engagement der Mitarbeitenden und die Unternehmensleistung steigert. Positives Feedback der Vorgesetzten, das Eingeständnis ihrer eigenen Fehler und Offenheit für Ideen der Mitarbeitenden führen laut Studien dazu, dass sich die Arbeitsmotivation bei vier von fünf Mitarbeitenden erhöht und im Durchschnitt zwei Fehltage weniger zu Buche schlagen. Für die Mitarbeitendenzufriedenheit ist der Führungsstil ebenfalls von hoher Relevanz, wie eine aktuelle Umfrage von ANXO Management Consulting gemeinsam mit absatzwirtschaft zeigt. 77 Prozent der Befragten sehen hier eine eindeutige Korrelation. Anders ausgedrückt: Mangelhafte Führung verursacht für Unternehmen hohe Kosten, denn dadurch steigen die Fehlzeiten, wohingegen Produktivität, Rentabilität, Qualität und letztlich auch Kund:innenbindung abnehmen.

Besondere Herausforderung: Führung in Krisenzeiten

Führung in Krisenzeiten unterscheidet sich im Kern nicht grundlegend von Führung in Nicht-Krisenzeiten. Dennoch erfordern Umbruch- und Krisensituationen spezielle Führungsqualitäten. Nimmt man die vier unterschiedlichen Führungsstile – Boss, Coach:in, Befähiger:in, Partner:in – zum Maßstab, die der Psychologe Armin Trost definiert hat, verschiebt sich in Zeiten von New Work und andauernden Krisen der Fokus auf kooperative und coachende Führungsstile.

Kooperative und coachende Führungsstile werden gerade in Krisenzeiten wichtiger und beliebter. Bild- und Informationsquelle: absatzwirtschaft und ANXO Management Consulting

+++ Literaturempfehlungen +++


Wie Führungskräfte Krisen meistern und die Zusammenarbeit stärken

Um Vertrauen zu schaffen und den Teamspirit zu stärken, sollten Führungskräfte in Krisenzeiten diese sieben Regeln beachten:

  1. In der Ruhe liegt die Kraft: Die Aufregung ist ohnehin schon groß. Deshalb sollten Führungskräfte jetzt keineswegs in Aktionismus verfallen und stattdessen Besonnenheit walten lassen. Leichter gesagt als getan. Auch an Führungskräften gehen negative Nachrichten schließlich nicht spurlos vorbei. Halt und Orientierung bieten – nicht nur in Krisenzeiten – Führungskräfte-Kurse und Leadership-Trainings. Darin erhalten Vorgesetzte unter anderem Anregungen, wie sie ihren Führungsstil weiterentwickeln und das volle Potenzial ihres Teams ausschöpfen können – ohne der eigenen mentalen Gesundheit zu schaden
  2. Positiv und wertschätzend agieren: Gerade in schwierigen Zeiten, in denen „Bad News“ dominieren, ist es wichtig, dass Führungskräfte Optimismus ausstrahlen. Die Organisationsberaterin Astrid von Sichart, die sich in ihrem Buch „Führen in der Krise“ ausführlich mit dem Thema beschäftigt hat, betont diesen Aspekt: „Es ist wissenschaftlich untersucht, dass Negativmeldungen sehr viel stärker auf uns wirken und unsere Wahrnehmung verzerren. Daher müssen Führungskräfte sehr auf ihre Sprache achten: Das heißt, sie sollten wertschätzend und positiv sprechen.“
  3. Klar kommunizieren: Außerdem kommt es darauf an, offen und transparent mit dem Team über die derzeitige Situation zu kommunizieren. „Wichtig ist eine klare Kommunikation – was gut funktioniert, sollte positiv hervorgehoben werden und was schlecht läuft, sollte auch so benannt werden“, rät von Sichart.

    Bildcredits: privat

  4. Mitarbeitende empowern: Vorgesetzte sollten in die Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden vertrauen. Von Sichart, die für ihr Buch mit vielen Führungskräften gesprochen hat, berichtet, dass „Empowering Leadership“ als Instrument für Krisenzeiten besonders häufig genannt wurde: „Dahinter steht der Gedanke, dass Führung auch bedeutet, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeitenden die Möglichkeit bekommen, selbständig zu arbeiten. Im Sinne einer dienenden Führung kommt es dabei darauf an, die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die das jeweilige Teammitglied braucht, um sein volles Potential zu entfalten.“
  5. Sinn stiften: Gerade in Krisenzeiten kommt es darauf an, dass Mitarbeitende wissen, warum sie ihren Job ausüben und wofür ihr Unternehmen steht. Deshalb ist es entscheidend, die Visionen und Werte des Unternehmens klar zu kommunizieren und dadurch Sinn zu stiften. Das stärkt die Bindung der Mitarbeitenden in unruhigen Zeiten.
  6. Teamgeist stärken: Insbesondere in Krisenzeiten sollten Sie als Führungskraft den Teamgeist stärken, indem sie Erfolge bewusst feiern und gemeinsame Events planen. „Auch wenn das digitale Arbeiten insgesamt gut funktioniert, ist der persönliche Kontakt unabdingbar. Gemeinsame Aktivitäten wie Spielabende beispielsweise tragen dazu bei, die Atomsphäre aufzulockern und den Teamgeist zu stärken“, erklärt Expertin von Sichart. Anregungen für gemeinsame Aktivitäten, die den Zusammenhalt unter den Teammitgliedern stärken, finden Sie zum Beispiel hier.
  7. Krise als Chance verstehen: Auch wenn es abgedroschen klingt – in Krisenzeiten liegen auch Chancen. Denn Veränderungen sind in Umbruchphasen leichter durchzusetzen als in Zeiten, in denen alles gut läuft. So hat sich zum Beispiel die Corona-Pandemie als wahrer Digitalisierungsbooster erwiesen. Ein Fakt, den auch von Sichart hervorhebt: „Durch die Corona-Pandemie ist deutlich geworden, dass wir uns nicht für jedes Gespräch vor Ort treffen müssen. Vieles kann auch digital erledigt werden. Das hat einerseits positive Auswirkungen auf die Umwelt. Andererseits sinkt durch die geringeren Reiseaktivitäten auch der Aufwand für Gespräche, wodurch Zeit und Ressourcen frei werden.“

Fazit

Seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 befindet sich die Welt in einem andauernden Krisenmodus. Dies geht auch an Arbeitnehmer:innen nicht spurlos vorbei, Sorgen und Unsicherheiten ob der steigenden Lebenshaltungskosten und der zukünftigen ökonomischen Entwicklung sind weit verbreitet. Umso mehr kommt es in diesen Zeiten auf eine entschlossene Führung an. Mit einem kooperativen und coachenden Führungsstil sind Vorgesetzte in Krisen gut beraten, Besonnenheit, Optimismus sowie eine wertschätzende und transparente Kommunikation sind dabei ebenso wichtig wie das Empowerment von Mitarbeitenden. Beherzigen Führungskräfte diese Tipps, kann es ihnen sogar gelingen, innerhalb des Unternehmens eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Denn so abgedroschen es auch klingen mag: In jeder Krise liegt auch eine Chance. Für Wandel – und längst fällige Veränderungen.


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Stand des Artikels: 24.01.2023
Die Autorin

Alina Nagel

MEDISinn-Redaktion
Die Autorin

Yvonne Müller

MEDISinn-Redaktion

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